Erstbewohner

Was für Menschen wohnten zuerst im Siegerland

Es mag etwa 2600 Jahre her gewesen sein, als sich die ersten Bewohner  im Siegerland ansiedelten. Was waren das für Menschen und wo kamen sie her? Um das Jahr 1000 v.

Darstellung eines Urnenrabes im Profilschnitt
1. Ackerboden
2. Einfüllung der Urnengrube
3. anstehender Boden
(Quelle: Bay. Landesamt für Denkmalpflege, Außenstelle Landshut

Chr. erschienen in Süddeutschland Menschen, die ihre Toten verbrannten und die Asche in Urnen bestatteten. Mit Gefäßen von Speise und Trank für die Toten stellten sie diese nebeneinander mit den Urnen in den Erdboden ohne einen größeren Erdhügel darüber zu wölben. Durch so entstandene Urnenfelder erhielten sie den Namen Urnenfelderleute. Ob sie aus der Westschweiz oder von der Donau kamen ist nicht geklärt. Sie wanderten nach Norden und teilten sich an der Mainmündung in zwei Gruppen.

Nach Rückschlägen vereinigten sie sich wieder in der rheinischen Gegend und umklammerten das noch unwirtschaftliche Schiefergebirge. Einige von diesen Urnenfeldermenschen müssen um 600 v. Chr. Siegerländer Boden betreten haben. Nun begann eigentlich das Leben im Siegerland zu einer Zeit, die wir die Eisenzeit nennen. Denn die Urnenfelderleute, die mit dem Eisen schon vertraut waren, hatten das Metall was in dem Schoß in unseren Bergen ruhte, erkannt. Dass die Wirtschaft und die Geschichte unseres Landes bis auf den heutigen Tag

Ausgegrabenes Hügelgrab im Botanischen Garten auf den Lahnbergen (Marburg)

mit bestimmten. 

Sie begannen langsam auf den Bergspitzen gewaltige Wehranlagen zu bauen. Sie wurden auch Fluchtburgen genannt, weil sie die Verteidigungsplätze für kriegerische Zeiten waren. Die kluge Ausnutzung des Geländes, der gewaltige Umfang und die hohen Wälle der Burgen lassen erkennen, dass hier sehr intelligente Menschen am Werke waren.

Für die Herstellung solch einer Anlage waren viele Jahre, oft Jahrzehnte nötig. Sehr durchdacht lagen diese Wallburgen an Stellen um die wichtigsten Straßen in diesem Eisenland zu kontrollieren. Besonders schirmten sie das Gebiet noch Norden und Osten ab. Von dort erwarteten die Eisenleute wohl den Feind. Diese angreifenden Völker konnten nur Germanen gewesen sein. Was war wohl der Grund für solche gewaltige Anstrengungen die die Urnenfeldermenschen unternommen hatten? Es konnte nur das Erz gewesen sein, das in unseren Bergen ruhte!

Briefmarkenserie Archäologisches Kulturgut - Bronzekultwagen aus der Urnenfelderzeit

Diese frühen Eisenhüttenmänner fanden im Siegerland ein geradezu ideales Gebiet vor. Genügend Holz zur Verkohlung boten die dichten Wälder. In ganz geringer Tiefe, bzw. sogar an der Oberfläche fanden sie den Eisenstein. Durch die Wälder rannen Bäche und Flüsse und den Hängen hinauf blies der so erwünschte Wind. Leider war aber keine gute Verkehrsverbindung vorhanden, denn die Sieg eignete sich wegen ihres seichten Wasser nicht für schwere Transporte. Es ist nicht bekannt, dass Urnenfeldergräber auf Siegerländer Boden gefunden wurden.

Der unfruchtbare harte Boden und das rauhe Klima mag mit ein Grund gewesen sein, dass das Siegerland relativ spät besiedelt wurde. Dagegen hatten schon an Rhein, Main und Mosel Jahrhunderte früher Menschen gehaust. Sie bebauten den Acker, fischten im Strom, tauschten die Waren, hielten zusammen und nutzten den Fluss und verteidigten ihr Land vor anderen Völkern. 

Das Gebiet der Urnenfelderleute war also

Urnenbeisetzung vor Christi Geburt

sehr bedroht, es erschien ihnen aber sehr wichtig und sie waren nicht gewillt, es durch Weiterwanderung einfach aufzugeben. Dichte Wälder bzw. Urwälder bedeckten einst unser Land. Selten zogen über die Randhöhen, wo der Wald nicht so dicht war, wandernde Völker und Jäger an dem gewaltigen Urwald vorbei. Die Jäger verfolgten auch schon mal das Wild von der Höhe bis ins Innere des dichten Waldes. 

Vereinzelt hatte man  im Siegerland auch alte Steinwerkzeuge gefunden, z. B. am Kindelsberg, bei Achenbach und bei Kirchen. Ein Mehrzweckschaber aus Kieselschiefer in der Rothenbach bei Müsen aus dem Jahr

Stumme Zeugen. Zehntausende Feldsteine bedecken aneinandergereihte Urnengräber, die aus der vorrömischen Zeit 500 Jahre v. Chr. bis hin zu dessen Geburt stammen (Foto: Patrick Pleul)

3000 v. Chr., (mittlere Steinzeit) oder Arbeitsäxte, die aus der Zeit um 2000 v. Chr. (jüngere Steinzeit) stammen in der Nähe der Grube Brüche und Grube Wilder Mann. Es wurde auch eine Bronzeaxt in Krombach, die aus 800 v. Chr. (Bronzezeit) stammen sollte, gefunden.

Aber es wollte keiner so richtig heimisch werden, bis die Urnenfelderleute kamen. Ab dieser Zeit konnte man erst von einer Besiedlung des Siegerlandes reden. Diese wurden später mit dem viel umfassenden Namen Kelten bezeichnet. Nicht nur Bodenfunde, sondern auch sprach- und siedlungsgeschitliche Überlegungen bezeugten den Gang ins Siegerland. Dieses bewies besonders Dr. h. c. Böttger. Fluren und Bächen gaben diese Kelten den Namen, so auch dem Fluss die Sieg. Rinnendes Wasser scheint die Bedeutung dieses Flussnamen zu sein. (Eine Quelle ver-siegt, vielleicht auch sick-ern). Nach dem Fluss führten das Land und die Stadt Siegen den Namen als lebendiges Überbleibsel

Zwei spätbronzezeitliche Tüllenbeile und zwei Sicheln, 13.-10. Jhdt. v. Chr.

jener Eisenhüttenleute.

Die Kelten gaben seinerzeit dem Eisen den Namen ,,eisarnos" oder ,,isarnos". Damit drückten sie aus, dass dieses Metall stark und heilig war. Sie haben auch Namen wie Eisernbach, Eisern und Eiserfeld gegeben, die sich bis in unsere Tage bewährt haben. Der Name Eisernhardt könnte auf eine Burg hindeuten, wovon aber noch keine Spuren gefunden wurden. 

Der Weidenauer Studienrat und spätere Ehrendoktor Hermann Böttger muss hier einmal lobend erwähnt werden, denn er hatte ein unerhörtes Pensum an geschichtlicher Literatur von der Siegerländer Frühgeschichte hervorgeholt und wunderbar ausgewertet. 

Leider fehlen schriftliche Bestätigungen oder Nachrichten hierüber. Aus anderen Gegenden gab es schriftliche Beweise über diese Zeit und sie wurden von keinem als vorgeschichtlich empfunden. So wissen wir,

Germanen der Bronzezeit (gezeichnet von Lisa Berg)

dass 521 v. Chr. Budda sein reiches Vaterhaus verließ und ein Leben als Bettelmönch begann. Oder das die Juden 516 v. Chr., nach der Rückkehr aus babylonischer Gefangenschaft, den neuen Tempel in Jerusalem weihten und die altpersische Religion zu dieser Zeit gegründet wurde.

Wir haben gelernt, dass Kultur etwas anderes ist als Vermögen oder Paläste und Tempel, die innen mit Marmor und Gold verziert waren. Wir wissen heute, dass die Welt zum großen Teil von Kulturen geprägt wurde, die sich in dunklen Wäldern nördlich der Alpen entwickelten. Wir haben auch gesehen, dass unsere Heimat sehr spät und dann noch als Randprovinz eingestuft worden war.

 

 

Quellennachweis:
Alfred Lück : Vom Eisen
Gustav Busch : Wer wohnte zuerst im Siegerland
Hermann Böttger : Siedlungsgeschichte des Siegerlandes
Heinz Behaghel : Die Eisenzeit im Raume des rechtsrheinischen Schiefergebietes
Erwin Krämer : Zeittafel zur Geschichte des Bergreviers Müsen
Helmut G. Vitt : Von den Eiszeiten zur Eisenzeit

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