Stollenwasser

Stollenwasser linderte die Trinkwassernot

Die alten Bauernhäuser im Siegerland hatten seinerzeit alle, in Form einer Brunnenanlage, ihr eigenes Wasser. Später baute sich dann jedes Dorf bzw. Gemeinde eine selbstständige Wasserversorgung. Diese waren jedoch den steigenden Anforderungen, an die Qualität des Trinkwassers, und vor allem dem steigenden Verbrauch, bedingt durch Bevölkerungszuwachs und Industrialisierung, nicht mehr gewachsen. Die Anlagen wurden fast alle durch Grundwasser gespeist. Deshalb musste versucht werden die Wassergewinnung zu verbessern und sie langfristig zu sichern.

Das Breitenbachtal, Idylle pur vor dem Bau der Breitenbachtalsperre

Die Stadt Siegen konnte bereits im Jahre 1880 die Wasserversorgung für ihre Bürger auf eigenem Boden nicht mehr sicherstellen. Aus diesem Grunde legte man in den Jahren 1888 bis 1892 aus den Quellgebieten der Täler Afholderbach, Obernau und Sohlbach eine Fernwasserleitung von 25 km bis nach Siegen, die etwa bis 1910 ausreichend war. Zwischen Dreis-Tiefenbach und Netphen baute man 1913 noch ein Grundwasserpumpwerk mit acht Filterbrunnen. Im Jahre 1940 wurde noch Grundwasser aus der 1923 stillgelegten Eisensteingrube Pützhorn hinzugenommen. Der Wasserzufluss war so groß, dass bei einer Entnahme von 200 bis 300 cbm der Wasserspiegel im Schacht nur wenig absank. Da dieses Wasser lange Sickerwege durch das Gestein hatte, war es sehr mineralisiert und wurde durch eine besondere Filteranlage aufbereitet. Durch Mineralisierung und den langen Gesteinsweg war dieses Grundwasser bakteriologisch völlig keimfrei, so dass es zu den wenigen im Bundesgebiet gehörte, das nicht gechlort werden brauchte. 

Auch in anderen Gemeinden machte das

Die Breitenbachtalsperre in Allenbach

Beispiel Siegen Schule, die Wasserversorgung durch Hinzunahme von Grubenwasser sicher zu stellen. So sicherten unter anderen nun auch die Gemeinden Niederschelden, Rudersdorf, Salchendorf, Müsen und Dahlbruch ihren Wasserbedarf durch Wasser von stillgelegten Gruben oder Stollen aus der Nachbarschaft. Diese Erfolge ließen einen neuen originellen Plan entstehen. Man wollte aus den unterirdischen Speichern das Wasser in Großbehältern sammeln und sie durch eine neue Ringleitung, die das ganze Siegerland umspannte, verbinden. Auf diese Weise würden weitere Hohlräume der Gruben, deren Wassermengen einst die Förderung des Eisensteins sehr erschwert haben, dann noch eine positive Seite bekommen. Da man aber nicht wusste ob das eine oder andere Bergwerk, auf Grund neuer Schürferkenntnisse, vielleicht eines Tages wieder in Betrieb genommen würde, verfolgte man diesen Plan nicht weiter. Festzuhalten bleibt noch, dass das Stollenwasser manche Gemeinde im Siegerland vor dem

Ansichtskarte von den Feierlichkeiten anläßlich der Einweihung der Breitenbachtalsperre

drohenden sommerlichen Wassermangel bewahrt hat.

Am 9. September 1953 wurde der Wasserverband Siegerland von 51 Gemeinden gegründet. Es war ein historischer und bedeutender Tag für das Siegerland. Obwohl Siegen als erster Ort im Siegerland Schwierigkeiten mit der Trinkwasserversorgung hatte, zählte es nicht zu den Gründungsmitgliedern und hat somit auch keinen Beitrag für den Grundstock geleistet. Alle Versuche der Gründungsgemeinden, einen Ausgleich für den Beitrag des Grundstockes, den sie bezahlt hatten, später zu bekommen, scheiterten. Denn bei einer Abstimmung im Wasserverband Siegerland zählen die Einwohner der einzelnen Städte bzw. Gemeinden und Siegen hatte und hat nun mal mit Abstand die meisten Bürger.

Der Verband beschloss, das bisher ungenutzte Oberflächenwasser zu nutzen. Durch das geringe Gefälle von den Bergen, und die Besiedlung der meisten Täler konnte keine Großtalsperre geplant werden. So wurde zwischen 1954 und 1956 die Breitenbachtalsperre gebaut (2,6 Millionen m³ Wasserinhalt, 70 km Transportleitungsnetz, 8 Hochbehälter, 200 km Ortsleitungen). 1967 wurde mit dem Bau der Obernautalsperre begonnen. Sie ist 1972 fertig gestellt worden und fast 15 Millionen m³ Wasser. Ihr Damm ist 60 m hoch und hat eine Länge von 300 m. Unten ist er 280 m breit und verjüngt sich zur Krone auf etwa 12 m. 1975 erfolgte der Endausbau der Breitenbachtalsperre. Dabei wurde der

Die Obernautalsperre in Netphen - Die Gemeinden Obernau, Nauholz und ein Teil von Brauersdorf mussten dem Bau der Talsperre weichen

bisher 29 m hohe Steindamm mit Lehmkernverbindung um 12,5 m aufgestockt. Gleichzeitig erhielt die Talsperre auch einen Wasserentnahmeturm. Der Stauinhalt wurde hierdurch auf 7,8 Mil. m³ erhöht. Erwähnenswert ist noch der Bau von den beiden Überleitungsstollen zur Obernautalsperre. Durch zwei Rohrleitungen im Berg, dem Siegstollen von 2.900 m Länge und dem Sindenbachstollen mit 800 m, wurde das Einzugsgebiet dieser Sperre fast verdoppelt, und zwar von 11,3 km² auf 21,5 km².

Die Planung einer dritten Talsperre ist seinerzeit vom Wasserverband in Erwähnung gezogen worden. Als möglicher Standort sind das Elberndorftal bei Altenteich und das Truftetal bei Berghausen in der Diskussion gewesen. Ob diese Talsperre noch gebaut wird ist ungewiss, denn die Bevölkerung und die Industrie haben sich nicht so entwickelt wie man es vor 50 Jahren annahm.

Der Wasserverband Siegerland beliefert heute die 11 Städte und Gemeinden des Kreises Siegen-Wittgenstein, d. h. rund 280.000 Einwohner mit hervorragendem weichem Wasser und einen Teil unserer heimischen Industrie. Hierzu bedient er sich zweier Talsperren und rund 100 kleiner örtlicher Gewinnungsanlagen die zum größten Teil noch von den ehemals 169 selbstständigen Gemeinden unseres Kreises übernommen worden sind. 

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