+Tal b. Hilchenb.

Als Kreuztal noch bei Hilchenbach war

Im Stadtarchiv von Hilchenbach lagert eine Übersichtskarte aus dem Jahre 1815 vom Amt Hilchenbach mit seinen Grenzen,

Ausschnitt aus der Karte vom Amt Hilchenbach. Gezeichnet von Feldmesser Kocher zu Ferndorf 1815

Ortschaften und Commerzwerken, die von dem Feldmesser und Gerichtsschöffen Kocher zu Ferndorf gezeichnet wurde. Auf ihr wurden vereint die Flächen der heutigen Städte Hilchenbach mit den Orten Hof Buchen, Hof Maustal sowie Herzhausen und Kreuztal mit Buchen zum Großamt Hilchenbach, was bereits im Jahre 1775 erfolgt war.

Kreuztal gab es seinerzeit noch nicht. Erstmals wurde der Name Kreuztal 1832 im Siegen'schen Intelligenz Blatt erwähnt und 1836 wurde er zum ersten Mal auf einer neuen Kreiskarte verzeichnet. Sein Ursprung war eine Gastwirtschaft mit einer Bäckerei am Wegekreuz, die bald durch eine Posthalterei ergänzt wurde.

Im Jahre 1815 hatte das Großamt Hilchenbach, zu dem auch die Kirchspiele Ferndorf und Krombach zählten, 6064

Hilchenbach um 1830 Bleistiftzeichnung von R. Reifenrath

Einwohner. Die Zahl der Reformierten betrug 5490, die Lutheraner 10 und die Katholiken waren mit 71 vertreten, wovon alleine 48 in Burgholdinghausen lebten. Weiterhin gab es noch 34 Menonitten von denen 20 in Lohe waren. Auch 9 Juden waren registriert, die alle in Burgholdinghausen lebten. In der Gemarkung der heutigen Stadt Hilchenbach lebten seinerzeit 3022 Bewohner, also die Hälfte. Heute dagegen hat Kreuztal doppelt so viele Einwohner wie Hilchenbach.

Auf den Grundmauern der 1689 abgebrannten Wilhelmsburg wurde 1776 für diese Amt ein Amtsgebäude errichtet. Bereits 1690/1691 hatte man hier wieder mit dem Bau einer Burg bzw. eines Schlosses begonnen, welches sehr schnell zur Ruine wurde. Auf den Bau dieses Amtshauses weist ein Findling aus Stein mit der Jahreszahl ,,1776‘‘ hin, der an der ursprünglichen westlichen Außenmauer des neuen Gebäudes angebracht war und heute leicht versetzt im Stadtmuseum Hilchenbach zu

Hilchenbach um 1800  (Angefertigt nach dem Urkataster von F. W. Busch)

sehen ist. Bereits 1775 wurde die Regelung von 1743 aufgehoben und die alten nassauischen Ämter erstanden wieder so auch das Amt Hilchenbach.

Die nach Personen größten Orte dieses Amtes waren Anno 1815  nach Einwohnern sortiert Hilchenbach (735), Müsen (600), Littfeld (504), Ferndorf (475), Krombach (389), Helberhausen (256) und Lützel mit (243). Da Hilchenbach die Wilhelmsburg hatte und bereits 1687 mit Fleckenrechte ausgestattet war, zur Stadt wurde es erst 1824 erhoben, sowie der größte Ort war, bekam es vermutlich den Amtszuschlag.

Die Statistik, aus dem Buch Alt Hilchenbach Seite 71, gab interessante Einblicke in die damalige bewegte Zeit: ,,Es wurde vermerkt, dass das Amt Hilchenbach einen Flächenraum enthielt, welcher eine Länge von fünf Stunden und eine Breite von zwei Stunden ausmacht folglich aus zwei ein halb Quadratmeilen bestand. ‘‘ Weiter wurde festgehalten: ,,Das Amt Hilchenbach wurde auf seiner West-, Nord- und Ostseite von einem ununterbrochenen Gebirge eingeschlossen, welches auf dieser Seite unter dem Namen der sogenannten Kölnischen Höhe bekannt war und welches zusammenhängende Gebirge die natürlich Grenze des Fürstentums Siegen darstellte.''

Über die Beschreibung der Hauptstraße hören wir Folgendes: ,,Eine Hauptstraße kam von Marburg über Biedenkopf, Wittgenstein, auf der Lützel in das Amt

Federzeichnung der 1839 abgebrochenen St. Veits - Kirche zu Hilchenbach

Hilchenbach und ging durch dasselbe über Ferndorf und Ernsdorf über die Chausse hinüber in das Amt Freudenberg, von wo aus selbiges auf Gummersbach  und Elberfeld führte...'' Es müssen noch Hohlwege gewesen sein, denn die heutige B 508 zwischen Hilchenbach und Kreuztal wurde erst 1830 bis 1834 gebaut. Die Landhecke war früher sehr breit und ganz dicht bewachsen, so dass kein durchkommen war. Es wurde festgehalten: ,,Das die Hecke in der Vorzeit von einer 6-10 Ruten, sogar bis 15 Ruten breiter Verzäunung oder Verhau umgeben gewesen, wovon dermalen aber noch große Teile als Waldung mit in- und durcheinander gewachsenem Gehölz vorhanden waren.'' 

Mit den Commerzwerken, die auf der alten Karte vermerkt sind, waren die Industriestandorte gemeint. Dank der reichhaltigen Erzvorkommnisse in den Bergen von Kindelsberg und Martinshard waren im Amt, besonders in Müsen, viele Schmelz- und Stahlhütten vorhanden. Aber auch Reck- und Stahlhammer waren hier zu Hause. So alleine elf Stück von Haarhausen bis

Die älteste Ansicht von Ferndorf (1765) Zeichnung von
C. Kraphiel

Ferndorf. Aber auch die Mühlenlandschaft war hier im Hilchenbacher Amt beheimatet. So gab es Schneide-, Loh-, Mahl-, Öl- und Walkmühlen. Aber auch eine Schnupftabak- und Pulvermühle fand man hier.

Während die Hütten und der Stahl- bzw. der Eisenhammer zur Stahlherstellung dienten, somit also zur Montanindustrie zugerechnet werden konnten, gehörte der Reckhammer zur weiterverarbeiteten Industrie. Auf ihm wurden Stäbe zu Bandeisen für Holz- und Weinfässer gereckt. Daher auch der Name. Aber auch Sensen, Schaufeln, Hacken, Äxte und weitere Geräte wurden auf ihm hergestellt. Der Reckhammer fiel pro Minute 120 bis 200 mal. Dagegen war die

Die Bahnstation Kreuztal kurz nach der Fertigstellung 1861
Bleistiftzeichnung von Jakob Scheiner

Schlagzahl beim Eisenhammer viel geringer, dafür hatte er eine größere Wucht, denn er war viel schwerer.  

Es wurde eine erstaunliche Zahl von Gewerbetreibenden aufgeführt, die alleine der Ort Hilchenbach hatte: ,,10 Schenkwirthe, 7 Gastwirte, 6 Bierbrauer, 1 Köhler, 2 Metzger, 2 Müller, 4 Schlosser, 4 Kleinschmiede, 8 Krämer, 2 Hufschmiede, 4 Drechsler, 2 Schreiner, 1 Zimmermann, 9 Schuster, 5 Schneider, 52 Leinweber, 1 Wagner, 4 Küfer, 8 Maurer, 2 Strohdecker, 2 Weißgerber, 5 Rotgerber, 3 Strumpfweber, 10 Fuhrleute, 4 Blaufärber, 2 Wollenweber, 3 Leimsieder, 1 Löffelmacher, 4 Sattler, 1 Silberschmied und 1 Uhrmacher.‘‘

Im Ferndorftal herrschte seinerzeit eine sehr rege Betriebsamkeit wie nur an wenigen Stellen im Siegerland. So wurden in den 735 Einwohner zählenden Ort Hilchenbach alleine 10 Mühlen mit einem Wasserrad angetrieben. Hämmer gab es erst ab Haarhausen, wo auch im Sommer die benötigten Wassermengen vorhanden waren, denn man brauchte hierbei größere Kräfte als bei einer Mühle.

Deswegen sollte auch die Trasse der Eisenbahnlinie Siegen Hagen 1857 das Ferndorftal durchschneiden und dann über Müsen, dem Zentrum der Industrie des nördlichen Siegerlandes, laufen. Wilhelm Müller schrieb dazu in dem Buch ‚,Ich gab dir mein Eisen wohl tausend Jahr‘‘ auf Seite 19: ,,Da wehrte man sich mit Händen und Füßen gegen solche Neuerung, ohne zu ahnen, dass damit das rasche Ende der Hütten und Hämmer im Rothenbach- und Ferndorftal programmiert und die Zukunft des Stahlbergs buchstäblich verbaut war. ‘‘

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