Achenbach

Heinrich von Achenbach, ich rieche mein Siegerland

Wenn Heinrich Karl Julius Achenbach (später in diesem Bericht nur noch Heinrich genannt) auch nicht im Siegerland geboren wurde, war er doch ein großer Sohn unserer Siegerländer Heimat. Den Titel von Achenbach hatte er am 5. Mai 1888 bekommen. Sein Vater war vorübergehend in Saarbrücken als Bergbeamter, deswegen wurde Heinrich auch hier am 23. November 1829 geboren. Er hatte sich immer zum Siegerland bekannt und war ihm bis zum

Das Elternhaus der Familie Achenbach am Kohlbett in Siegen auf einem Aquarell von Jakob Scheiner (1874) - Bildnachweis: Siegerlandmuseum Siegen

Lebensende zugetan. Er war der bedeutendste Staatsbeamte und Politiker des Siegerlandes im 19. Jahrhundert. Achenbach kam einmal, er war schon Minister, im Herbst zu Fuß über die Freudenberger Höhen nach Siegen. In den Bergen war ein leichter Rauch der Haubergsfeuer. Dieser eigenartige Duft hatte auch der Siegerländer auf dem Ministersessel nicht vergessen. Fröhlich rief er aus: „Ich rieche mein Siegerland!“

Achenbach war ein alt eingesessener Siegerländer Familienname, welcher sich zum evangelischen Glauben bekannte. Sie hatten oft wichtige Positionen und großen Einfluss in der Stadt Siegen. So waren einige als Pfarrer im Siegerland tätig. Als 1813 die Franzosen abrückten wurde Prinz Wilhelm Friedrich III. König der Niederlande und übernahm das oranische Erbland, so auch das Siegerland. Aber bei den Verhandlungen der beteiligten Mächte wollte man das Siegerland trennen. Ein Teil sollte nach Preußen gehen und der andere Teil nach Nassau. Da zogen Inspektor Achenbach mit Hofrat Röttger und A. A. Dresler nach König Wilhelm Friedrich III. und baten ihn, das

Geburtstagsgrüße des sechsjährigen Heinrich Achenbach an seinen Vater 1835 - Bildnachweis: StA Siegen, Nachlass Achenbach

Siegerland nicht zu teilen. Sie erhielten die Zusicherung, dass das ganze Siegerland nach Preußen komme. 1815 wurde dieses Versprechen eingelöst. Dieser Inspektor Achenbach war seinerzeit einer der angesehensten Männer in Stadt und Land.

Der Inspektor starb schon als 54-jähriger im Februar 1819. Er hinterließ zwei Söhne. Einer davon war der Vater von Heinrich. Wenige Jahre nach der Geburt von Heinrich wurde der Vater wieder an das heimatliche Bergamt nach Siegen versetzt. Hier besuchte der junge Achenbach die Realschule. Es war eine höhere Bürgerschule und die erste Realschulanstalt in Westfalen. Sie wurde nach der Gründung viel von auswärtigen Schülern frequentiert. Die Eltern Heinrichs nahmen einige in Logis auf, um ihre Einnahme aufzubessern. Unter den Gastschülern befand sich Carl Ferdinand Stumm, der bekannte saarländische Eisenhütten-Unternehmer, der wie Heinrich Mitglied der freikonservativen Partei war und wie dieser im Jahre 1888 von Kaiser Friedrich, deren Regentschaft war nur 1888, nobilitiert wurde. Nobilitiert bedeutet, er wurde von dem Kaiser in den Adelsstand gehoben. Übrigens war 1888 das Dreikaiserjahr.

Danach besuchte Heinrich das Gymnasium in Soest wo

Heinrich von Achenbach auf einer Fotografie aus den 1870er-Jahren - Bildnachweis: Siegerlandmuseum Siegen

er mit 17 das Abitur ablegte. Im Revolutionsjahr 1848 trat der Primaner Heinrich Achenbach bei einer politischen Kundgebung in Soest als Redner auf. In Soest lernte er seine spätere Frau Marina Rollmann kennen die er 1859 heiratete. Sie war am 29. April 1832 in Soest geboren und starb am 6. Juni 1898 in Potsdam. Aus der Ehe gingen die Söhne Heinrich und Adolf sowie die Tochter Johanna hervor.

Danach studierte Heinrich in Berlin und Bonn Rechtswissenschaft. Nachdem er die drei juristischen Prüfungen abgelegt hatte, ging er 1851 zum Kreisgericht nach Siegen in den Staatsdienst. Als Justitiar wurde er 1858 an das Oberbergamt nach Bonn berufen. Dort erwarb er den Doktorgrad und arbeitete nebenbei an der Uni als Privatdozent für deutsches Recht. In seiner Doktorarbeit 1854 verglich er das Siegener mit dem Soester Stadtrecht. Hier betätigte er sich auch als Schriftsteller und schrieb einige Bücher. 1860 war er Mitgründer der Zeitung "Zeitschrift für Bergrecht", die zum führenden Fachblatt des deutschsprachigen Raumes wurde, aber auch international anerkannt wurde.

Auch widmete er sich seit den 1860er Jahren der Geschichte des Siegerlandes und veröffentlichte zunächst in Aufsatzform in der Siegener Zeitung, dann in Buchformat eine Geschichte der Stadt Siegen im Jahre 1894 und 1898 die des Siegerlandes, wobei er die politische, kirchliche, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung des Siegerlandes beleuchtete. Er war Mitglied vieler

Ernennungsurkunde zum Oberpräsidenten der Provinz Westpreußen vom 31. März 1878 von Heinrich Achenbach - Bild aus zeitspuren.de

deutscher Landesgeschichtsvereine und verhalf ihnen zu einer nationalen Bedeutung. Während des Krieges 1870/1871 war er Militärinspekteur der Krankenpflege. Er organisierte hierbei den Ausbau der freiwilligen Krankenpflege.

Achenbach wurde 1860 Professor und zum Oberbergrat ernannt. Bis 1866 blieb er in Bonn wobei er ins Handelsministerium gerufen wurde. Heinrich zog es in dieser Zeit immer wieder zum Siegerland. Im Juli 1866 fanden Neuwahlen zum Preußischen Abgeordnetenhaus statt. Er wurde von Freunden veranlasst, sich für den Wahlkreis Regierungsbezirk Arnsberg 1 Siegen-Wittgenstein-Biedenkopf aufstellen zu lassen. Er wurde am 3. Juli direkt zum Abgeordneten gewählt mit 170 Stimmen gegen den bisherigen konservativen Abgeordneten von Beughem, der nur 94 Stimmen erhielt. Im Jahre 1866 wurde Achenbach Geheimer Bergrat und als vortragender Rat ins preußische Handelsministerium gerufen. In den ersten zwei Jahrzehnten, gestützt auf sein persönliches Netzwerk, hatte er maßgeblichen Anteil an der wirtschaftlichen und infrastrukturellen Förderung für die Kreise Siegen und Wittgenstein. Er war Mitgründer der freikonservativen Partei (später Reichspartei) und blieb ihr 32 Jahre Treu und zwar bis er sich 1898 aus Altersgründen nicht mehr aufstellen ließ.

Zeche Minister Achenbach, Schacht 4 - LÜNTEC-Tower, jetzt Großraumbüro mit Panoramablick - Bild aus Metropole RUHR

Bismarck hatte die Fähigkeiten Achenbachs erkannt und rief ihn in das Reichskanzleramt. Nach mehreren Beförderungen wurde er ab 13. Mai 1873 Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten. Ihm unterstanden neben der Handelspolitik, dem Bergbau, die öffentlichen Arbeiten und vor allem das aufkommende Eisenbahnwesen, welches viel Arbeit und Ärger mitbrachte gehörte zu seinem Gebiet. Er gehörte zu den gewandtesten Rednern und Parlamentariern der Bismarck freundlichen. 1874 kam das Gesetz über das Enteignungsverfahren für das Schienennetz zustande, was unter persönlicher Ein- und Mitwirkung Achenbachs entstand. Bismarck ließ ihn aber fallen, weil er nicht sofort die Verstaatlichung der Eisenbahn durchsetzen konnte. Achenbachs Rücktritt kam wegen gravierenden Differenzen in Sachfragen unerwartet. Bismarck hatte noch acht Tage vorher bei einer Abendunterhaltung erklärt, dass Achenbach neben dem Kriegsminister der einzige arbeitsfähige Staatsminister sei. Übrigens war Heinrich auch Chef der Preußischen Bank und einer der großen Befürworter der Reichsbank, die auch 1876 erfolgte.

Unter Achenbach gelang die Verbindung zwischen dem östlichen und westlichen Bahnnetz. Als er Minister wurde gab es 12.793 km Schienennetz. 1878 bei seinem Rücktritt waren es 18.050 km, also ein Anstieg in seiner Zeit von 41%. Auch in die Güter- und

Ernennungsurkunde zum Gerichtsassessor vom 29. Juli 1856 - Bildnachweis: StA Siegen, Nachlass Achenbach

Tariffrage steckte er sehr viel Arbeit, so dass Deutschland bei seinem Rücktritt ein einheitliches Tarifsystem besaß. Aber auch auf anderen Gebieten seiner Ministertätigkeit war Achenbach erfolgreich gewesen. So die unter staatlicher Aufsicht stehenden gewerblichen Hilfskassen für Arbeitnehmer sowie die Versicherung gewerblicher Arbeitnehmer gegen Unfälle. Als die Industrie Schwierigkeiten hatte dachte er zuerst an die Arbeiter. Er gewährte und vermittelte ihnen billige Fahrtkosten zur Aufsuchung einer anderen Beschäftigung. Er hatte wunderbare soziale Ansichten und konnte sie auch meistens durchsetzen.

Nach dem Rücktritt im Jahre 1878 erfolgte die Berufung zum Oberpräsidenten von Westpreußen und im darauf folgenden Jahr, aufgrund seiner guten Beziehungen zum königlich-kaiserlichen Hof von Brandenburg. In dieser Eigenschaft hatte er den damaligen Prinzen Wilhelm, den späteren Kaiser Wilhelm II. (Regentschaft von 1888 bis 1918)  durch Vorträge in die Verwaltungspolitik eingeführt. Er setzte sich in der Provinz für den Denkmalschutz ein, war Herausgeber des Kunstinventars von Brandenburg, unterstützte den Ausbau der Marienburg und die Restaurierung des Limburger Domes.

Neben dem Titel als Professor erhielt Heinrich Karl Julius am 8. Februar 1887 von der Stadt Siegen die Ehrenbürgerrechte, welche er mit dem Fürsten Bismarck teilte. Die Ehrung von Achenbach bekam er am 5.5.1888. Dies geschah bei der Thronbesteigung Kaiser Friedrichs wo er geadelt wurde. In Berlin haben mehrere Bauwerke und Straßen seinen Namen. So die Achenbachbrücke in Berlin-Moabit – sie ist im zweiten Weltkrieg zerstört worden aber ersetzt worden durch den Wullenwebersteg. Die Achenbachstraße in Berlin, Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf sowie die Achenbachstraße in Berlin-Spandau und die

Heinrich von Achenbach in den 1890er Jahren - Bild aus Chronik im Archiv des Bergwerks Minister Achenbach

Achenbachpromenade im Bezirk Tempelhof-Schöneberg. Die ehemalige Zeche Minister Achenbach und die Achenbachstraße in Lünen-Brambauer (heute ein Gewerbepark) wurden 1897 mit seinem Namen versehen.

In den letzten Lebensjahren verließen die Körperkräfte Achenbach mehr und mehr. Seine sonst so straffe Haltung wurde schlaffer. Sein Geist aber blieb frisch und rege. Man nahm wahr, dass eine schwere Krankheit ihn befallen hatte. Er bekam am 7. Juli 1899 einen Schlaganfall, dem er nach einem dreitägigen Leiden am 9. Juli in Potsdam, Provinz Brandenburg, erlag. Die Nachricht von seinem Tode wurde mit aufrichtiger Anteilnahme vernommen. Die Zeitungen brachten in ihren Nachrichten, dass der Verstorbene hervorragende Eigenschaften sowie eine  hohe Begabung hatte und seine Erfolge unvergessen blieben. Er war keine Kämpfernatur, sondern stets bemüht, Gegensätze zu versöhnen.

 

 

Literaturnachweis:
Gustav Steinhaus: Heinrich v. Achenbach
Heinz Gollwitzer: Achenbach, Heinrich Karl Julius von
Wikipedia: Heinrich von Achenbach
Deutsche Biographie: Achenbach, Heinrich Karl Julius von (seit 5.5.
1888)
Peter Burg: Heinrich von Achenbach
Portal Rheinische Geschichte: Heinrich von Achenbach

 

 

Druckversion (nur Text) als pdf-Datei zum herunterladen