Braasenrauch zog durch die Hauberge
Das Wort Hauberg wurde zum ersten Mal in einer Urkunde im Jahre 1467 erwähnt. Es deutete aber vieles auf ein weitaus älteres Bestehen der Haubergswirtschaft hin. Der Schöpfer dieses wunderbaren Wirtschaftssystems war das Volk, denn als die Landesregierung die Regelung der Haubergswirtschaft durchführte, waren die Grundzüge längst bekannt.
Hauberg bein Netphen im Siegerland - Bild: Bob Ionescu
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Nach dem Abschlagen des Hauberges durfte das Vieh wegen des Verbisses der jungen Triebe sechs Jahre nicht im Hauberg gehütet werden. Da im Siegerland nur 14 % der bescheidenen Fläche für den Ackerbau zur Verfügung standen, wurde der Jahreskahlschlag im Hauberg dazu genutzt Roggen anzupflanzen. Der Rasen, den man im Siegerland Braasen nannte, musste vor der Aussaat des Getreides von der Erde genommen werden. In den Haubergen konnte man die Braasen nicht so wie auf den Brachfeldern mit dem Pflug von der Oberfläche in die Erde bringen, denn hier befanden sich noch Wurzeln und Holzstücke. Sie mussten wegen des Holzaufwuchses geschont werden. Wenn man die Braasen untergepflügt hätte, wäre wieder viel Unkraut aus den Wurzeln hervor gewachsen, so dass das Getreide nicht gut geworden wäre.
All diese Umstände verlangten daher von denLandleuten eine mühevolle und saubere Arbeit um einen guten Ertrag zu bekommen. Sie mussten nämlich alle Braasen aus dem großen Berg mit den Händen, mittels der Hainhacke vom Boden abhacken. Diese Hacke war nicht gradlinig, sondern hatte vorne zwei Zähne. Jeder Braasenhacker hackte immer ein Quadratschuh großes Stück aus dem Boden und ließ es liegen. Der Hacker konnte so am
Braase hacken im Hauberg - Bild: Haubergswirtschaft Stadt Kreuztal
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Tage eine Fläche bis zu 18 Ruten abhacken. Es durften dabei nach Möglichkeit keine Wurzeln beschädigt werden. Seit Jahrhunderten wurden so die Berge im Siegerland immer gehackt. Es ist eigentlich keine Hacke, sondern im Siegerland ein Haach und wird deshalb auch Hainhaach genannt.
Die abgehackten Brausen wären ein wertvoller Dünger für den Hauberg gewesen, wenn man sie auf einen Haufen zur Verfaulung gelegt hätte. Dafür wäre aber wenigstens ein Jahr notwendig gewesen. Da aber der Hauberg gleich nach dem Hau eingesät werden musste, konnte man den Rasen nicht auf diese Art als Dünger verwenden. Auch Stallmist in den Berg zu fahren wäre nicht ratsam gewesen. Es wäre zu mühsam gewesen und die Dünnung hätte auf den Feldern gefehlt.
Man musste also einen Weg finden wie man den Rasen schnell in einen Dünger umwandeln konnte. Dieses war durch das Verbrennen des Rasens in Asche zu erreichen. Die im Hauberg abgehackten Braasen wurden durch Wind und Sonnenhitze ausgedörrt. Wenn sie ausgetrocknet waren, wurden in einiger Entfernung von Reisern und Holzstöcken kleine Holzhaufen zusammengetragen. Auf den Holzhäufchen wurden die Braasen mit der Hainkratze gezerrt. Es war ein starker eiserner Rechen mit langen Zinken. Sie wurden zu einem
Die Braasen werden verbrannt - Bild aus “Der Siegerländer Hauberg”
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Kegel errichtet der etwa drei Schuh hoch war und circa 12 Schuh Inhalt hatte. Das Holz in diesen Braasehaufen wurde dann bei trockenem Wetter angezündet. Das Feuer ging von den Ästen in die Braasen und brannte bei trockenem Wetter bis zur Asche, was ein hervorragendes Düngemittel für die Hauberge war. Die Haubergsfeuer, es war mehr ein Schwelbrand, brannten oft tagelang. So sah man nachts immer wieder schwelende Feuer hervorglühen.
In dem Monat April war das Hacken der Braasen bei den Frühlingshauen und im Juni vor Jakobstag das bei den Sommerhauen. Die Zeit des Braasebrennens richtete sich nach zwei Arten der Frucht, denn der Hauberg wurde entweder mit Heidekorn oder mit Korn besamt. Das Heidekorn wurde im Monat Juni und das Korn im Oktober gesät.
Der Rauch und Dampf, den die brennenden Braasen verursachten, war nicht so dicht und schwarz. Das Feuer wurde auch wegen der vielen Erdteilchen, die sich in den Braasen befanden gebremst um alles auf einmal in eine helle Flamme zu setzen. Deshalb wurde auch der Rauch nicht mit Gewalt in die Höhe getrieben, sondern er zog leicht über die Erde hinüber. Er hatte einen besonderen Geruch, den man leicht von dem übrigen Rauch unterscheiden
Das Korn wird im Hauberg gesät - Bild: Heimatverein Offdillnl
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konnte. Wenn die Braasen am brennen waren, wurde das ganze Land oft mit Rauch eingehüllt wie beim Nebel und man hatte keine Aussicht in die Ferne.
Heinrich von Achenbach war der bedeutendste Staatsbeamte und Politiker des Siegerlandes im 19. Jahrhundert. Achenbach kam einmal, er war schon Minister, im Herbst zu Fuß über die Freudenberger Höhen nach Siegen. In den Bergen war ein leichter Rauch der Haubergsfeuer. Dieser eigenartige Duft hatte auch der Siegerländer auf dem Ministersessel nicht vergessen. Fröhlich rief er aus: „Ich rieche mein Siegerland!“
Die Asche der Dünger durfte aber nicht so liegen bleiben. Er wurde mit dem Boden des Haubergs gemischt und dann verstreut. Waren die Braasen am brennen wurde der Hauberg Brandhain genannt. Bevor die Asche verstreut wurde mussten aber die großen Steine noch aufgelesen werden, da hier kein Getreide wachsen konnte, Der Faule trug die Steine aber nicht weit genug weg, sondern legte diese auf die abgehauenen
Räderloser Haubergspflug, mit dem der Roggensamen in die Erde gebracht wurde - Bild aus “Siegerländer Wörterbuch”
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Holzstücke, weil diese kein Getreide brachten. Die Stöcke wurden wegen den aufgelegten Steinen daran gehindert Loden auszutreiben. Deshalb wurde dieses auch durch die nassauische Polizeiverordnung verboten.
Der Samen wurde nun von Hand in die verstreute Asche geworfen. Wegen den vielen Wurzeln und Holzstücke waren, für etwa 40 Ruten nur eine Meste Saat erforderlich. Nachdem gesät war, wurde der Samen mit dem Hainhaach unter die Erde gebracht. Er war drei Schuh hoch wog etwa 20 Pfund und war ohne Räder. Der vordere Teil hatte die Gestalt einer Schaufel und griff in die Erde. Vor dem Hainhaach wurde ein Ochse gespannt, der von einem Mann geführt wurde. Hinterher ging jemand der den Haach steuerte. Zu Beginn wurde er einige Zoll tief in die Erde gesetzt. Durch das Ziehen wurde eine Furche von einer Tiefe von einigen Zoll und einer Breite von einer Schaufel hergestellt. Dadurch wurde zugleich auf beiden Seiten des Haachs die Erde aufgeworfen und die Frucht mit Erde und Asche wieder zugeworfen.
Man konnte keinen Pflug und keine Egge im Hauberg gebrauchen, denn dann wären viele Wurzeln und Loden beschädigt worden. Der den Haach führte musste Acht geben damit er nach Möglichkeit keine
Mit der Sichel wurde das Korn im Hauberg abgeschnitten - Bild aus: Der Siegerländer Hauberg
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Wurzelstöcke beschädigte. Wenn sie im Wege standen, musste er den Haach anheben und danach wieder neu ansetzen. Der den Ochs führte musste aber auch Acht geben, damit die Seile und Stränge, womit der Hainhaach gezogen wurde, nach Möglichkeit nicht die jungen Holzloden beschädigte.
Die Sensen zur Kornernte im Hauberg waren verboten, weil dabei allzuleicht die jungen Stockausschläge, die aus den Wurzeln der Laubbäume sprossen und die Grundlage für künftige Holznutzungen bildeten beschädigt werden konnten. Daher durfte nur die Sichel bei dem Kornschnitt verwendet werden. Neun zweifach abgebundenen Garben wurden zum Kornritter aufgestellt. Eine zehnte Garbe die viel dicker war wurde nur einmal oben zu einem Hut abgebunden und als Regenschutz umgekehrt auf den Ritter gestülpt. Dieser nur etwa alle 18 Jahre angebaute und ohne Unkraut gediehene Roggen ergab ein ausgezeichnetes wohlschmeckendes Sauerteig-Schwarzbrot, dass im Backes mit Schanzenfeuerung gebacken wurde.
Sobald das Getreide aus dem Hauberg abgefahren war, bekam der Hauberg den Namen Stoppelhain. In den Haubergen wuchs das Getreide gut und rein, weil die Wurzeln des Unkrautes durch das
Kornritter stehen im Hauberg - Bild aus “Kulturhandbuch Kreis Siegen”
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Verbrennen der Braasen vernichtet worden waren. Das Korn wurde deswegen auch von vielen Landleuten, weil unter dem Korn kaum Samen von Unkraut vermischt war, als Saatkorn auf ihren Feldern verwendet.
Wenn die Frucht abgefahren war endete die Benutzung des Hauberges als Acker und der Berg fing wieder an als Wald aufzuwachsen. Auch ellenlanges Gras kam zum Vorschein und schützte die jungen Triebe der Bäume vor der Sonnenhitze im Sommer und vor Kälte im Winter. Der Hauberg bekam nun wegen dem neuen, jungen Holz den Namen junger Hain.
Durch das Verfaulen der Grashalme und des Laubes sowie das Verbrennen der Braasen wurde dem Hauberg über viele Jahre, ja Jahrhunderte, immer mehr Düngung gegeben und dadurch ein guter Boden geschaffen. Deswegen durfte das abgefallene Laub auch nicht aus dem Wald als Streu für den Stall geholt werden.
Literaturhilfe: Hvv.wiederstein.de: Der Hauberg Dillenburgischen Intelligenz-Nachrichten: Braasenrauch zieht über die Erde dahin Waldland-hohenroth.de: Der Kunsthistorische Hauberg Hauberg.de: Der Siegerländer Hauberg
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