Köhlerei

Zur Verhüttung von Eisenerz wurde Holzkohle benötigt

Eine der ältesten Montanregionen in Europa war das Siegerland, was in seiner über 2500 Jahren Erzgewinnung zu Recht den Namen Eisenland trug. Zu jener Zeit mussten die keltischen Hüttenleute schon Holzkohle brennen und das Erz in Schmelzöfen erhitzen um es von dem

Der Holzaufbau eines Meilers: Er besteht aus etwa 3.000 einzelnen Elementen (Bild: Wahlhauser Köhlertage)

Gestein zu trennen. Man benötigte hierbei etwa 1000 Grad Celsius, was mit einem normalen Holzfeuer nicht möglich war. Dazu wurde Holzkohle benötigt und die Methode sie zu gewinnen kam aus dem Altertum. Es geschah durch den sogenannten Meilerbetrieb wie er viele Jahrhunderte im Siegerland angewendet wurde. Die Herstellung von Holzkohle steigerte im Siegerland den Verbrauch an Holz immens. Statt der bisherigen Hochwälder aus Buche wuchsen nun durch die Haubergsordnung Eichen und Birken aus Stockausschlägen.

Von den Köhlern war im Gegensatz zu dem Bergmann kaum noch die Rede. Aber die Arbeit der Köhler war seinerzeit genauso wichtig wie die des Bergmanns. Denn ohne diese Arbeit hätte man kein Erz schmelzen können. Nur durch die Holzkohle ließ sich blankes Metall aus dem Gestein der Siegerländer Berge gewinnen. Erst durch die Holzkohle wurde

Schnitt durch einen traditionellen Holzkohlenmeiler (Bild: Can Stock)

das an Bodenschätzen reiche Siegerland zum Eisenland.

Überall gibt es heute noch im Siegerland Straßen und Wege, die wegen dem  Köhlerhandwerk ernannt wurden. So bekam schon 1404 die heutige Kohlbettstraße in Siegen ihren Namen. Hier müssen einst große Kohlenlager gewesen sein. Sie lagen seinerzeit am Außenrand der Stadt. 1550 wurde die Einrichtung einer ,,Kohlenmeisterey in Siegen" als Liefer- und Abrechnungsstelle dokumentiert. Aus einer Verordnung zum Schutz des Waldes dem Erzbergbau sowie dem Eisen- und Holzkohlenhandel vom 18.8.1586 ging hervor, dass niemand die Kohle beim Köhler abholen durfte, sondern er musste sie selber zum Verbraucher fahren.

Viele Jahrhunderte war das Köhlerhandwerk im Siegerland ein fester Bestandteil. Es gab

Die Form des Meilers ist bereits zu erkennen. Bis zum Anzünden ist aber noch viel zu tun (Bild: Kölnische Rundschau)

sogar sogenannte Köhlerdörfer, die man heute noch an überwucherten Meilerstellen in waldreicher Umgebung findet. 1684 wurde sogar eine Köhlerzunft gegründet um sich gemeinsam besser behaupten zu können. Ihre Lade hatten sie in der Hilchenbacher Kirche stehen. Laut einer Kreisstatistik von 1817 wurden in Netphen/Irmgarteichen 300, in Hilchenbach 149, in Freudenberg 75 und in Wilnsdorf 40 Köhler angegeben.

In einem günstigen Wald an einen Fahrweg gelegen mit Wasser in der Nähe  errichtete der Köhler seinen Meiler. Die runde Kohlengrube von etwa 7 m Durchmesser wurde geebnet. In der Mitte wurde senkrecht die Meilerstange aufgestellt, die mit Reisig umbunden war. Holzstangen von 1m Läge, die aus dem Hauberg waren, schichtete er nun ganz eng um die Meilerstange. Über den so entstandenen Kegelstumpf schichtete er eine Haube aus kürzeren Holzknüppeln. Der Meiler erreichte

Eine wunderbare Köhlerhütte mit der Öffnung zum Kohlenmeiler (Foto: Medienwerkstatt Mühlacker)

eine Höhe bis 3 m. Einen solchen Meiler aufzubauen verlangte enorm viel Geschick und Erfahrung. 

Das Holz wurde rund herum eng aufgeschichtet. Es wurden mehrere Lagen Meterscheite gestapelt. Der Meiler  bestand aus drei Schichten, hatte ca. 35 Raummeter und war ca. 3 m hoch. Das Holz wurde so aufgeschichtet, dass die Flanken des Meilers nicht zu steil wurden. Danach wurde eine Trennschicht, die „Hecke“, aufgebracht. Es wurde neben Grasschnitt auch Stroh, Tannenreisig und Laub dazu verwendet. Diese Schicht war ca. 5-8 cm dick. Danach wurde eine ca. 10 cm dicke Schicht aus Erde aufgebracht. Diese Erde wurde angefeuchtet, damit sie gut abdichtete und auf der Trennschicht hielt. Das Material für die Erdschicht nannte man „Lösche“. Sie bestand aus Erde, Ruß und kleinen Holzkohlestücken früherer Meiler. Die Lösche wurde immer feucht gehalten und mit der Schaufel wurde sofort jeder auftretende

Der Meiler ist fertig zum Anzünden (Bild: Heimat- und Geschichtsverein Offdilln)

Riss wieder zugeklopft.

Mit der Meilerleiter wurde der Meiler bestiegen und die Meilerstange wurde nun mit dem umwickelten Reisig nach oben herausgezogen, so dass in der Mitte ein Schacht entstand der ,,Quandel“ genannt wurde. Mit kurzen, trockenen Kleinholzstücken wurde der Schacht gefüllt. Danach wurde oben drauf glühende Holzkohle gelegt. Nun wurde der Feuerschacht mit Rasen und feuchter Erde sorgfältig abgedeckt. Die Luftzufuhr wurde unter ständiger Beobachtung beschränkt und alle vier bis sechs Stunden, auch nachts, wurden Holzscheite nachgelegt, so dass die Glut von der Mitte nach außen und unten dringen konnte um das Holz zu verkohlen. Der Kamindeckel wurde dabei feucht gehalten, sorgfältig abgenommen und wieder aufgesetzt.

Während der Zeit des Verkohlens schrumpften das Holz und somit auch der Meiler. Es durfte hierbei kein Loch im Mantel des Meilers entstehen. Denn die dort

Der Holzkohlenmeiler brennt bereits (Quelle: Freilichtmuseum Kommern)

eintretende Luft konnte das Glimmen außer Kontrolle geraten lassen. Ein Feuer konnte hierbei entstehen und alle Arbeit wäre umsonst gewesen. Deswegen blieb der Köhler Tag und Nacht in der Nähe des Meilers. 100 kg Holz ergaben etwa 30 kg Holzkohle je nach Holzart. Die beste Kohle gewann man von harten Laubhölzern wie z. B. Buche und Eiche. Während der 14 tägigen Verkohlungszeit, wobei der brennende Meiler gut überwacht werden musste, baute der Köhler in der Nähe einen zweiten Meiler auf. 

Zum Schutz vor Regen und Sonne wurde die sogenannte Köhlerhütte, die ,,Köthe“ genannt wurde, beim Meiler gebaut. Sie wurde aus langen Holzstangen rund gebaut und oben zusammengeführt. Die Stangen wurden mit Stroh und Reisig verflochten und mit Rasenstücken verfüllt. Die Eingangsöffnung war immer zum Meiler gerichtet, so dass der

Die Verkohlung am Holzkohlenmeiler ist soweit beendet (Bild: Heimatverein Dellingsen)

Köhler seinen Meiler besonders während der Brennzeit beobachten konnte. Griffbereit stand immer ein gefüllter Wassereimer neben der Köhlerhütte. Das Köhlerleben war von harter Arbeit geprägt. Die karge Kost und der Schlafentzug zehrten an den Kräften des Köhlers.    

Vier Tage später stieß der Köhler etwa 1m vom Boden rundherum Löcher in den Meilermantel. An der Farbe des Qualmes, der aus den Löchern kam, konnte der erfahrene Brenner sehen wie weit die Verkohlung des Holzes fortgeschritten war. Die Löcher wurden geschlossen und wieder neue geöffnet, je nach fortschreiten des Brandes. Hierdurch wurde die Sauerstoffzufuhr und somit die Verbrennung des Meilers geregelt. Aus den unteren Löchern kam nach etwa 14 Tagen der Rauch nicht mehr weißgelb sondern blau heraus. Daran erkannte der Kohlenbrenner, dass die Verkohlung abgeschlossen war. Der Meiler wurde nun vorsichtig auseinander genommen, wobei immer Eimer mit Wasser bereit standen, um auftretende Feuer sofort zu löschen. Zum Abkühlen wurde der Holzkohlehaufen auseinander gebreitet. 

Der Siegerländer Kohlenbrenner war in die deutsche Literaturgeschichte eingegangen. Er bildete einen großen Teil der ersten deutschen Dorfgeschichte, die 1777 Heinrich Jung-Stilling aus dem Dörfchen Grund bei Hilchenbach unter der Obhut Goethes herausgegeben hatte.

 

 

Quellennachweis:
Alfred Lück : Vom Eisen
Otto Arnold : Siegerländer Arbeitswelt
Köhlergruppe Sprantal : Köhlerei
Daniel Altkemper : Der Köhler im Siegerland
Hans Schubert : Geschichte d. nassauischen Eisenindustrie
825 Jahre Dodenau : Meilerbau

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