Der Weg bis zum Mähdrescher war sehr lang
Jahrtausende hatte man das reife Korn mit der Sense geschnitten, auf dem Feld trocknen lassen und die Ernte zum Dreschen nach Hause gebracht. Unter Einsatz von Flegeln wurde dann „die Spreu vom Weizen getrennt“. Eine anstrengende Prozedur mit
Die Sichel ist das älteste Handgerät zum Ernten von Getreite
|
großem Bedarf an Arbeitskräften, die bereits von altägyptischen Wandmalereien bezeugt war. Wenn heute die Erntezeit kommt, hört man die Mähdrescher brummen. In einem Arbeitsgang wurde das Getreide gemäht, gedroschen und das gedroschene Stroh zu Ballen gepresst. Welch eine Erleichterung gegenüber früher. Rund 360 Stunden Handarbeit je Hektar Getreide brachte ein bäuerlicher Betrieb um 1800 für Mähen und Dreschen auf, 1950 waren es noch 35 Stunden, 1980 ein bis zwei Stunden. Der Fortschritt war auch in der Landwirtschaft zu erkennen.
Wohl nur im Siegerland hatte es das ungewöhnliche Bild vom gelben Haubergskorn zwischen grünen Büschen gegeben. Nur mit der Sichel durfte einst das Korn im Hauberg geschnitten werden. Die Sense war hier zur Schonung wegen der jungen Baumtriebe, die man abmähen konnte, verboten. Das Sicheln war damals meistens Sache der Frauen. Manche legten beim Schneiden mit vier bis fünf Händen voll des Strohes eine Garbe hin. Die Sichel wurde gehärtet und mit dem Wetzstein im Hauberg geschärft. Es war eine sehr mühevolle Arbeit in dauernd gebückter Stellung. Warm wurde es den Frauen unter
dem großen Schlapphut. Die Halme sollten dabei nach Möglichkeit dicht über dem Erdboden abgeschnitten werden. Überwiegend wurde Winterroggen und Hafer angebaut. Die Bezeichnung für beide Getreidearten lautete „ Frocht“. Deswegen wurde die Getreideernte auch beschrieben „n Mir si a d`r Frocht“.
Die Garben des langen Roggens wurden zweimal gebunden und zu den Abfuhrwegen getragen. Als Bindemittel benutzte man die Halme des gemähten Strohs. Blieb die Garbe beim Aufstellen stehen, dann war sie hervorragend gebunden. Es wurden sorgfältig drei Garben in der Mitte schräg noch oben zusammengestellt. Dann kamen noch zwei Stück je Lücke dazwischen, also hatte man nun neun Garben. Sie standen fest wie ein spitzer Kegel wobei die Ähren immer nach oben zeigten. Sie wurde fein säuberlich ausgerichtet, damit sie nicht knickten oder abbrachen. Der Ritter wurde dann noch durch einen Hut gekrönt. Der Hut war doppelt so dick als eine Garbe. Das Schneiden des Hutes übernahm immer der Chef, denn auf den
Mühsam war das Kornschneiden mit der Sichel im Hauberg - Bild: Archiv Siegerland
|
Kopf des Hutes wurde besonderen Wert gelegt bei den kleinen Betrieben. Das Stroh vom Hut wurde fein gleichmäßig verteilt so dass alle Ähren abgedeckt und vor Regen geschützt waren. Mit der Sichel wurde der Hut glatt geschnitten. Aber auch mit einem eigens dafür hergerichtetes Brett nachgearbeitet.
Besonderen Wert hierauf legten die kleinen Nebenerwerbslandwirte. Der Abschluss dieser Arbeiten war das Ähren lesen auf dem abgeernteten Feld. Das Haubergskorn war gut und kräftig, denn der Boden auf dem es wuchs wurde nur alle 18 bis 20 Jahre einmal als Feld genutzt. Auch war in diesem Korn weniger Unkrautsamen, als das von den Feldern, so dass es oft als Saatkorn genutzt wurde. Die viel kürzeren Hafergarben dagegen wurden nur einmal gebunden. Auch das Aufstellen der Hafergarben war nicht so aufwendig. In der Regel wurden drei Gebinde zu einem Bündel zusammengestellt.
Die Sichel kam später auf dem Feld nicht mehr zum Einsatz. Es wurde die Fruchtsense („Frochtsäj“) verwendet. Sie hatte einen Sensenbaum. Es war ein Bügel der mit Stoff oder Draht bespannt war und zum Mähen des reifen Getreides diente. Dieser Bügel diente dazu, dass alle Halme mitgenommen wurden und in eine Richtung fielen. Die Ritter wurden auf dem Feld genau so aufgestellt wie die im Hauberg. Sie mussten schon sicher und standfest stehen
Kornritter in Helberhausen im August 2017 - Bild: Heinrich Bruch
|
um auch einen Sturm auszuhalten.
Wenn man damals bei der Erntezeit durch die Siegerländer Flur schritt, sah man überall ganz herrliche Bilder. Im Sonnenschein strahlten einem die gelben Kornritter, die in Reih und Glied sauber ausgerichtet dastanden, an. Jeder Tag brachte Anspannung und Mühe. Man erlebte diese langen und arbeitsreichen Tage aber immer in dem Bewusstsein mit der Gewinnung des Getreides, insbesondere des Roggens, für das tägliche Brot zu sorgen.
War das Getreide genug getrocknet und dieses dauerte bei gutem Wetter ein bis zwei Wochen, begann das Einfahren zum Dreschen. Der Leiterwagen der zum Abfahren benutzt wurde war innen mit einem großen Wagentuch („Waadooch“) abgedeckt. Es bedeckte den Boden und wurde seitlich an den Leitern hochgeführt und befestigt. Neben dem Wagen breitete man noch Heutücher („Höjdoocher“) aus, um die herunterfallenden Körner und Ähren die neben den Wagen fielen zu sammeln. Die Hüte der Kornritter nahm man ab und band sie im Ährenbereich
Blick auf ein Kornfeld in Wilnsdorf 2011 - Bild: Gemeinde Wilnsdorf
|
noch einmal, ehe man sie dem Lader auf dem Wagen gab. Nun reichte man Garbe um Garbe auf den Wagen. Alle Ähren zeigten auf dem Wagen immer nach innen. Auf den fertig hochbeladenen Wagen kam zum Schluss der Heubaum („Höjbaum“). In Längsrichtung wurde das dicke Rundholz aufgelegt. Es wurde vorne mit einer Kette und hinten mit einem dicken Tau („Höjseil“ oder „Waaseil“) befestigt.
In Deutschland hatten Dreschmaschinen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ihre größte Verbreitung. Es gab in Deutschland rund 650.000 Dreschmaschinen. Eine Dreschmaschine, auch Dreschkasten genannt, war ein landwirtschaftliches Gerät zum Dreschen von Körnerfrüchten, besonderes von Getreide. Das hatte zur Folge, dass der Getreidedrusch in wenigen Wochen erledigt werden konnte. Zuvor hatte man die Getreideähren mit dem Dreschflegel ausgedroschen, was etwa 30 Wochen von Ende September bis Anfang Mai dauerte. Die Gutstagelöhner bekamen vom Drusch einen Teil des ausgedroschenen Korns und hatten eine
Vorsichtig wurde die historische Dreschmaschine von 1936 auf den Anhänger bugsiert - Foto: Eckhardt
|
Dauerbeschäftigung durch den Winter. Ebenso wurden Dreschschlitt en verwendet. Mit der Dreschmaschine wurden sie winterarbeitslos oder unterbeschäftigt und mussten bei einer anderen Beschäftigung einen geringeren Lohn hinnehmen.
Wer den Dreschflegel schlug brauchte Kraft in Händen und Armen. Sowohl das Mähen aber auch das Dreschen waren kraftzehrende Handarbeiten. Die Bauern vor 1900 hatten noch zeitlebens mit dem Flegel gedroschen. Redensarten deuteten auf die anstrengende Tätigkeit hin: „Ich habe Hunger wie ein Scheunendrescher:“ Oder „Ich bin so müde, als wenn ich den ganzen Tag gedroschen
Mähdrescher John Deere beim Abtanken während der Fahrt in der Getreideernte im Juli 2004 - Quelle: Eigenes Werk Hinrich
|
hätte.“ Der Flegel sollte mit seiner ganzen Länge immer auf das Getreide aufschlagen. Der Dreschertakt musste eingehalten werden damit man sich nicht gegenseitig mit dem Dreschflegel schlug. All dieses verlangte Körperbeherrschung, ebenso aber auch Kraft und Übung. Wer die letzte Garbe drosch oder den letzten Drischelschlag tat erhielt den Namen „Drischelkönig“ oder drastisch ausgedrückt „Flegelsau“ oder „Kornhammel“.
Das Stroh wurde damals in der Hauptsache für Streu in dem Stall benötigt. Ein Teil wurde auch zum Flechten z. B. für Bienenkörbe verwendet. Besonders schönes Stroh wurde für Hüte beziehungsweise Ornamente genommen. Aber auch die meisten Dächer wurden einst mit Stroh gedeckt. Das Stroh fürs Dach wurde nicht mit dem Dreschflegel gedroschen, denn es musste ganz bleiben und wurde besonders behandelt. Es wurde mit den Ähren von Hand über eine Holzbank oder ein großes Fass geschlagen um die Körner so weit wie möglich zu entfernen. Danach wurde es durch einen hölzernen
Schon lange nicht mehr wird der Dreschflegel genommen - Bild: Schweitzer
|
Schabrechen gezogen, wobei Krummstroh und Fremdpflanzen entfernt wurden.
Dreschmaschinen sind heute im professionellen Bereich nicht mehr im Einsatz, sie wurden in Deutschland in den 1950er bis 1960er Jahren durch Mähdrescher verdrängt. Es gab stationäre und fahrbare Dreschmaschinen. Angetrieben wurden die Dreschmaschinen zunächst über Pferdegöbel oder Dampfmaschinen, später meist durch Elektromotoren.
Meistens Kühe oder Ochsen zogen dann den voll beladenen Wagen zur Dreschmaschine. In jeder größeren Ortschaft stand wohl eine Dreschmaschine die von zwei Personen bedient wurde. Der eine, der Maschinist überwachte den technischen Ablauf. Der zweite Mann besorgte das Einlegen des Getreides. Der Bauer der zum Dreschen kam musste drei Mann für den Dreschvorgang mitbringen. Eine Person warf die Garben vom Wagen auf die Dreschmaschine hinauf und der zweite schnitt die Garben auf und gab sie der Person die das Einlegen erledigte. Der dritte musste das gebundene Stroh was aus der Maschine kam neben ihr aufstapeln.
Der Dreschvorgang dauerte eine halbe bis
Der Umgang mit den Dreschflegeln will gelernt sein, denn sonst kommt man sich ins Gehege - Bild: Bernhard Müller
|
dreiviertel Stunde je nach Größe des Wagens. Dann wurden die Säcke zugebunden und mit dem Stroh aufgeladen. Mit dem Abladen endete das Dreschen. Was insgesamt gut einen halben Tag dauerte. Es kam aber auch vor, dass man bei der Dreschmaschine oft erhebliche Wartezeiten in Kauf nehmen musste. Oft dauerte es bis zum späten Abend, ja man war manchmal erst nach Mitternacht zuhause, wenn viele Wagen auf den Dreschvorgang warteten. Es kam auch vor, dass nicht alle Wagen die an einem Tag angefahren wurden, am selben Tag gedroschen werden konnten. Diese wurden in den Dreschschuppen oder in eine benachbarte Scheune abgestellt und am anderen Morgen abgearbeitet. So kam es vor, dass die Dreschmaschine in der Erntezeit, die zwei bis drei Wochen dauerte, oft nur wenige Stunden stillstand und ihr Summen in dieser Zeit fast immer zu hören war.
Literaturhilfe: Dr. Helmut Busch: Bevor die Mähdrescher fuhren Stimme.de: Der lange Weg zum Mähdrescher Alfred Fischbach: Die Kornernte im Siegerland Karl-Heinz Hentschel: Dreschen und Dreschtaktsprüche Gerhardt Preuschen: Ackerbaulehre nach ökologischen Gesetzen Journal 21: Wie früher geerntet und gedroschen wurde Ulrich Göpfert: Das Dreschen war zu Großvaters Zeiten schwere Arbeit
|