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Feuersturm über dem Bergmannsdorf Müsen
In den vergangenen Jahrhunderten wurden viele Siegerländer Orte wegen der Strohdacheindeckung von gewaltigen Brandkatastrophen heimgesucht. Auch das alte Bergmannsdorf Müsen blieb davon nicht verschont. Es war im Sommer 1893 und es hatte wochenlang nicht geregnet, so dass die
Müsen um 1890 nach einer Federzeichnung von Heise. Die herrlichen Fachwerkhäuser standen dicht zusammen und die Kirche hatte noch ein Walmdach
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Feuerlöschteiche nur halb voll waren und Menschen, Tiere sowie die Natur nach einer Labung vom Himmel lechzten, als am 20. Juni, durch einen Funkenflug aus dem Kamin der Bäckerei Schneider, um circa 14.20 Uhr das Strohdach lichterloh brannte.
Die Glocken wurden Sturm geläutet und grelle Trompetensignale erschallten durch den Ort. Die Männer eilten von Hütten, Gruben und den Feldern herbei um zu helfen. Das Feuer aber war schneller und ehe man sich versah, stand ein dutzend Häuser lichterloh in Flammen. Die Feuerwehr war schnell zur Stelle aber machtlos gegen diese gewaltige Feuerwelle. Sie hatte zwar eine Spritze, die aber erst mit Wasser aus Eimern gefüllt werden musste und dann von vier Mann bedient werden musste. Es gab noch keine Wasserleitung, an der man Schläuche anschließen konnte. Auch gab es noch keine Motorspritzen, keine Löschfahrzeuge oder chemische Mittel zur
Die Ortsmitte von Müsen nach dem großen Brand. Links der Kirchturm, von dem nur das Mauerwerk erhalten blieb
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Brandbekämpfung.
An den brennenden Häusern war nichts mehr zu machen. Das Stroh brannte durch Mithilfe des Südwindes, als hätte man es vorher mit Benzin übergossen. Die ersten Feuerwehren aus der Nachbarschaft waren die Gebrüder Klein Dahlbruch, Allenbach, Kredenbach, Hilchenbach, Ernsdorf sowie Dillnhütten und Krombach. Sie rückten in aller Eile an, wobei die Gäule zu rasendem Galopp gepeitscht wurden. Aber um die Kirche herum hatte sich schon im weiten Umfeld ein glühendes, qualmendes Trümmerfeld gebildet. Durch Anruf trifft auch die Siegener Wehr mit einem Sonderzug am alten Dahlbrucher Bahnhof ein. Als sie das enorme Rauch- und Flammenmeer auf dem Römmler erblickten, eilten sie stürmisch herbei.
Von Hand zu Hand wanderten in langen Menschenketten die ledernen Wassereimer, die aus den Löschteichen und Brunnen geschöpft wurden. Da der Wasservorrat zuneige ging, brachte man in Waschfässern
Auf dem Trümmerfeld findet der erste Gottesdienst statt
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aus anderen Ortsteilen Wasser herbei und dabei jagte der Wind wieder eine Feuergabe nach der anderen zum nächsten Haus. Auch Häuser, die mit Schiefer oder Pfannen gedeckt waren wurden ein Raub der Flammen. Schreiende Kinder liefen verwahrlost durch die Straßen. Jammernde Frauen, die wegen der enormen Hitze nasse Tücher über dem Kopf hatten, schleppten Hausrat und Bettzeug und alles Mögliche in die Kirche, denn sie dachten, es wäre ein sicherer Ort. Die Älteren trieben Ziegen, Schweine, Kälber, Kühe und Pferde durch die Straßen. Auch die Hühner flatterten aus Angst vor den Flammen wild umher. Dazwischen hörte man immer wieder Signalhörner und Kommandorufe von den Feuerwehrleuten. Es war ein Jammer, denn ein Dachstuhl nach dem anderen fiel zusammen und dabei konnte man immer wieder Schreien und Schluchzen, Weinen und Wimmern fassungsloser Umherirrender hören.
Das Feuer wurde auch noch auf die Kirche getrieben. Vom Dach fraß es sich schnell zum Kirchturm. Er stand kurze Zeit später wie eine riesige Fackel mitten im Flammenmeer! Es war einfach grauenhaft, denn auch das angeblich in Sicherheit gebrachte wurde ein Opfer der Flammen. Das Gebälk des Turmes brannte lichterloh und das Geläut fiel glühend zu Boden. Aus diesen Klumpen goss man in Rincker-Sinn am 30. November 1893 ein neues Geläut. Die größte Glocke trug die Inschrift: ,,Ehre sei Gott in der Höhe!" Sowie vom Pastor Hackläder die Worte: ,,Durch
Die evangelische Müsener Kirche im Winter 1967 nach einer Federzeichnung von Hermann Lück (Siegen)
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Feuersglut zerstört, im Feuer neu entstanden, sing ich, Du Herr und Gott, Dein Lob in diesen Landen.”
Auch das Haus meines Großvaters Heinrich Bensberg wurde ein Raub der Flammen. Mein Vater Otto wurde vier Monate vor dem Brand als 9. Kind der Familie geboren, wobei schon ein Schwesterchen verstorben war. In der großen Not wurde er, um vor der enormen Hitze des Feuers etwas abgeschirmt zu sein, zwischen die Stangenbohnen gelegt. Wie schwer diese Feuersbrunst sie beeinflusst haben muss, geht aus nachfolgendem hervor. Opa Heinrich war Mitgründer der freiwilligen Feuerwehr Dahlbruch und ihr erster Löschzugführer. Vater Otto Bensberg war Amtsbrandmeister des Amtes Keppel und stellvertretender Kreisbrandmeister.
Todesopfer gab es glücklicher Weise keine aber mindestens zwei Schwerverletzte. Einer davon war der siebzehnjährige Emil Schreiber. Er wollte seine kranke Mutter aus dem Haus tragen. Von den Flammen wurde er dabei überrascht, so dass er am ganzen Körper bis zur Unendlichkeit verbrannte. Vor der Haustüre, die Mutter unversehrt im Arme, brach er
Bergleute der Grube Stahlberg im Jahre 1894, ein Jahr nach dem großen Brand in Müsen
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zusammen.
Folgender Aufruf war in mehreren Zeitungen zu lesen. ,,Unser sonst so freundliches, uraltes Bergmannsdorf ist seit gestern ein rauchender Trümmerhaufen. Eine furchtbare Feuersbrunst hat in wenigen Stunden fast ein Drittel sämtlicher Gebäude – mehr als 50 - bis auf den Grund in Asche gelegt. Auch Kirche und Schule sind ein Raub der Flammen geworden. Über 60 vorwiegend dem Arbeiterstande angehörende Familien sind obdachlos und in bitterster Noth. Das Feuer griff mit solcher gewaltigen Schnelligkeit um sich, dass die Meisten sich darauf beschränken mußten, das nackte Leben zu retten oder ihre alten und kranken Angehörigen sicher zu bergen, im übrigen aber Hab und Gut den Flammen preiszugeben. Fast alles ist verbrannt: Möbel, Betten, Kleider, Kartoffeln und nur sehr wenig gerettet. Dazu waren die verbrannten Sachen nur zum geringsten Theile versichert. Unser Dorf ist arm; mit banger Sorge sahen wir wegen des Niederganges unserer Bergindustrie und der
Grube Stahlberg, alter Schacht “St. Friedrich”. Er wurde am 2. Februar 1925 stillgelegt
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überaus trüben Ernteaussichten in die Zukunft – nun ist die Noth erst schrecklich! Es fehlt am Allernotwendigsten. Alle, die Gott der Herr vor solcher Noth bewahrt hat …..“
Bereits am 22. Juni 1893 fand der erste Spendenaufruf des Siegeners Bürgermeisters Delius statt: ,,Aus Anlaß des gestrigen großen Brandes in Müsen ist für die Abgebrannten daselbst im Rathause im unteren Stock vorerst eine Sammelstelle für Kleidungsstücke u. Mobilien errichtet und ergeht hiermit an die Bürgerschaft das Gesuchen entbehrliche Kleider und sonstige Mobilien den armen Abgebrannten zuwenden zu wollen." Schon zwei Tage später ging eine große Menge gespendeter Kleider und Möbel nach Müsen, um die erste Not etwas zu lindern.
Amtmann Fuß von Amt Keppel schrieb am 24. Juni 1893 an den Landrat Keil in Siegen: ,,Euer pp. verfehle ich nicht, gehorsamst zu berichten, daß am Dienstag den 20. Juni d. J. Nachmittags zwischen 2 ¼ und 2 ½ Uhr in
Ein- und Ausfahrt zum Müsener Stahlberg
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Müsen ein Brand ausgebrochen ist, durch welchen 51 Wohnhäuser mit Nebengebäuden sowie Kirche und die Schule meist vollständig eingeäschert worden sind ….“
Die Spendenaufrufe und die Katastrophennachrichten aus Müsen löste eine große Hilfsbereitschaft aus. Es kamen Geldspenden aus dem gesamten Deutschen Reich, ja sogar aus Österreich-Ungarn und den Niederlanden. Die größten Spenden kamen von der Familie Klein Dahlbruch 1950 Mark, von der Grube Stahlberg 1500 Mark und die Aktiengesellschaft Cöln-Müsen sowie die Firma Dresler Kreuztal stellten je 1000 Mark zur Verfügung. Ein Hilferuf an den Kaiser und König blieb wohl unbeantwortet. Denn eine Antwort seiner Majestät sucht man in den Aktenbündeln, die im Hilchenbacher Stadtarchiv liegen, vergebens.
Frauenvereine sammelten und Kirchenverbände spendeten. Die Post brachte Hunderte von Anweisungen mit zum Teil ansehnlichen Beiträgen. Aber auch die armen Leute, die nur einen kleinen Beitrag leisteten, brachten ein echtes Opfer. Durch Sammlungen gingen 30000 Mark ein. Die Kollekte beim ersten Gottesdienst auf der Trümmerstätte am 25.Juni 1893 erbrachte 677 M.. Pfarrer Hackländer predigte hierbei über Klagelieder, 3. Kapitel, Vers 22 : Die Güte des Herrn ist‘s, dass wir noch nicht gar aus sind, seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende.
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