Redewendungen

Bedeutung und Herkunft von Redewendungen

Ein Schlitzohr sein ist ein gerissener, schlauer, gewiefter, durchtriebener, listiger Mensch. Das Wort Schlitzohr wurde seit dem 19. Jahrhundert verbreitet. Zimmerleute oder Handwerker, die auf Wanderschaft waren, trugen einen goldenen Ohrring mit dem Wappen ihrer Zunft. Dieser war der einzig angesparte Reichtum, diente als Notgroschen sowie als Gewähr für ein Begräbnis. Ließ sich ein Geselle etwas zu Schulden kommen oder wurde sogar straffällig, rissen seine Kameraden ihm den Ohrring heraus, machten ihn so zum Schlitzohr und spätere Arbeitgeber und Meister waren gewarnt.

Alles in Butter – alles ist in Ordnung, keine Probleme. Diese Redewendung stammt aus dem Mittelalter. Damals wurden über die Alpen von Italien nach Deutschland teure Gläser transportiert. Damit sie bei dem Transport

Alles in Butter-
Bild: Aurelie Pollet

nicht ständig zu Bruch gingen, hatte schließlich ein Händler den rettenden Einfall, die Gläser in Fässer zu legen und flüssige Butter darüber zu gießen. Damit waren die Gläser sicher verpackt, als die Butter abgekühlt und fest geworden war. Jetzt konnte bei dem Gerümpel auf dem Wagen nichts mehr passieren. Fiel dann doch mal ein Fass von der Kutsche, blieben die Gläser darin heil. Dieses Prinzip wendete auch der Adel an. Wenn dieser von Hofsitz zu Hofsitz zog, musste immer der ganze Hausrat mit und die wertvollen Porzellane und Gläser wurden in Butter eingelassen. Am Ziel angekommen, war die erste Frage, ist noch alles in Butter?

Auf den Hund gekommen – gesundheitlich oder wirtschaftlich ruiniert sein, sozial oder moralisch absteigen, in schlechte Verhältnisse geraten.  Die Herkunft der Redewendung ist nicht belegt. Eine Deutung besagt, dass es mittelalterliche Sitte war, den Boden von Schatztruhen mit dem Bild eines Hundes zu versehen, der symbolisch das Geld vor Dieben schützen und gleichzeitig den Schatzmeister zur

Auf den Hund gekommen. Das Bild zeigt Händler mit Hundekarren (Urheber unbekannt)

Sparsamkeit bewegen sollte. Wenn man also den Hund sah, bedeutete dies, dass kein Geld mehr da war – man war buchstäblich auf den Hund gekommen.
Eine andere Erklärung gibt an, dass verarmte Bauern Hunde als Zugtiere gebrauchten. Wenn sie sich also keinen Pferdewagen und auch kein Eselskarren mehr leisten konnten, waren sie finanziell ganz am Ende.
Früher war in Bergwerken das Wegschaffen von Erd- und Gesteinsmassen mit die niedrigste Arbeit. Die Bergleute, die den Hund fuhren, es war der Karren zum transportieren, bekamen als unterste Klasse mit den geringsten Lohn. Wenn ein höher verdienender Bergmann sich eines Vergehens schuldig machte, musste er den Hund fahren – er war auf den Hund gekommen.

Bei jemandem ist Hopfen und Malz verloren – oder es ist alle Mühe vergebens, es ist keine Besserung der Lage zu erwarten, jemandem ist nicht zu helfen, jemand ist unverbesserlich, etwas ist nicht reparierbar,

Wenn Hopfen und Malz verloren sind, ist etwas Hoffnungslos - Bild aus GElino Redewendung

nicht zu retten. Diese Redewendung stammt aus der Bierbrauerei. Früher brauten die Hausfrauen das Bier noch zu Hause, Hopfen und Malz waren die beiden wichtigsten Zutaten dafür. Ging beim Brauen etwas schief, dann waren die Zutaten dahin, Hopfen und Malz waren verloren und es ließ sich daraus trotz aller Mühen kein gutes Bier mehr brauen.

Alle Wege führen nach Rom – mehrere Lösungsmöglichkeiten für ein Problem, mehrere Wege, um zum Ziel zu kommen. Die Herkunft dieser Redewendung ist nicht sicher belegt. Man vermutet aber, dass der Ursprung darin liegt, dass in der Antike Rom das politische, wirtschaftliche und kulturelle Zentrum war. Darüber hinaus hatte Kaiser Augustus im Jahre 20 v. Chr. auf dem Forum Romanum eine vergoldete Säule aufgestellt, auf der die Namen aller Hauptstädte der Provinzen des Römischen Reiches mit ihrer Entfernung zu Rom aufgeführt waren. So mag für den Betrachter der Säule der Eindruck entstanden sein, alle Wege führten nach Rom.

Ein Brett vor dem Kopf haben – etwas nicht verstehen oder begreifen, nicht einsehen wollen, begriffsstutzig sein, etwas Offensichtliches nicht erkennen. Diese Redewendung stammt aus der früheren Landwirtschaft. Man hatte den als dumm geltenden, störrischen Ochsen ein Brett vor die Augen gebunden, so konnten die Bauern leichter mit ihm arbeiten und er erschreckte sich nicht, wenn ihm zum Beispiel das Geschirr umgehängt wurde.

Seinen Senf dazugeben – ungefragt seine Meinung äußern, sich ungefragt in ein Gespräch einmischen. Diese Redewendung stammt aus dem 17. Jahrhundert. Damals war Senf sehr wertvoll und war bei einem Essen Senf dabei, galt es als ein besonderes Essen. Deshalb gaben manche

Seinen Senf dazu geben - Foto: Florian Hamann

Wirte zu jedem Essen ein ganz wenig Senf dazu, um es so den Gästen gegenüber attraktiver und kostbarer zu präsentieren. Nur passte der Senf gar nicht zu jedem Essen und so wie dann der Senf immer ungefragt zum Essen serviert wurde, verhält es sich mit Menschen, die ihre Meinung kundtun, obwohl diese gar keiner hören möchte. Dann gibt er seinen Senf dazu.

Etwas an die große Glocke hängen – etwas öffentlich machen, auch etwas breit treten, etwas herumerzählen, indiskret sein. Als es noch keine modernen Kommunikationswege gab, diente die Glocke der Kirche gerade den Menschen in ländlicheren Gebieten als Ruf,

Etwas an die große Glocke hängen -
Foto: Andrey Shupilo / Colourbox

dass es Neues gab. Die Glocke war weithin hörbar und die Menschen wussten, dass etwas Wichtiges und Bedeutendes zu erfahren war. Im Mittelalter rief die Kirchenglocke auch zu Gerichtsverhandlungen, bei denen dann oft private Fehden ausgebreitet, ausgetragen und auch aufgebauscht wurden. Hängt man heute also buchstäblich was an die große Glocke, macht man etwas in vollem Bewusstsein und in großem Stil öffentlich.

Den Löffel abgeben. Die Redewendung den Löffel abgeben  wird in der Regel benutzt, um auszudrücken, dass jemand stirbt oder gestorben ist. Die unverzichtbare Tätigkeit des Essens steht bei dieser Redewendung Pate, mitsamt der Tatsache, dass im Mittelalter und früher Neuzeit das Armeleuteessen üblicherweise ein Brei in einer Schüssel der für alle mitten des Tischs stand, wofür ein jeder seinen eigenen Löffel parat hatte. Diesen höchsteigenen, nicht selten selbstgeschnitzten, Löffel wegzulegen, ist dabei gleichbedeutend

Den Löffel abgeben -
Bild: Krämer Shop

mit dem Ende des Lebens.
Im Schwarzwald, wo ein Löffel als individueller Gegenstand angesehen werden konnte, gab es die Tradition, einen Löffel nach dem Tod des Besitzers nicht weiterzugeben, sondern an die Wand des Bauernhauses zu hängen. Den Knechten dagegen wurde nicht selten vom Bauern ein Löffel zur Verfügung gestellt, den sie abgeben mussten, wenn sie weiterzogen oder der weiterverwendet wurde, wenn sie starben.

Halt die Klappe. Der Ausspruch stammt aus dem frommen Mittelalter. Er geht darauf zurück, dass im Chorgestühl von Klöstern und Kirchen Klappsitze angebracht waren, die möglichst geräuschlos heruntergeklappt werden sollten. Wer die Klappe beim Aufstehen fallen ließ, zog sich durch den mächtig entstehenden Krach den Zorn der kirchlichen Würdenträger zu. Sie tadelten den armen Sünder mit den Worten, halt die Klappe!

Danach kräht kein Hahn – das interessiert niemanden, etwas ist nicht so interessant, um darüber zu reden, ohne Bedeutung. Die Redewendung wird seit dem 15. Jahrhundert verwendet. Vermutlich stammt sie aus dem

Danach kräht kein Hahn - Foto: Magnus Rew

Neuen Testament, worin in einer Erzählung der Apostel Petrus seine Zugehörigkeit zu Jesus dreimal leugnet. Nach jedem Verrat folgt das Krähen eines Hahnes. Im Umkehrschluss wird danach kräht kein Hahn mehr sprachlich gebraucht. Hat eine Sache oder eine Person keine Bedeutung, kräht ihr auch kein Hahn hinterher.

Kirche im Dorf lassen – etwas nicht übertreiben, auf dem Boden der Tatsachen bleiben, Ausspruch bei Unsachlichkeit. Die Herkunft lässt sich kaum durch Quellen belegen. Allerdings sagt man über die Herkunft dieser Redewendung folgendes. Früher bildete die Kirche den Mittelpunkt des Dorfes. Alle Häuser wurden um die Kirche herum gebaut und sie war der Treffpunkt für alle Gläubigen. Die katholische Kirche führte regelmäßig Prozessionen durch in Form eines religiösen Zuges durch das Dorf mit dem Priester und Messdienern an der Spitze, die Einwohner des Dorfes dahinter. War das Dorf für die Menge der Menschen zu klein, ging man um das ganze Dorf herum. Dies war aber von den Nachbarn gar nicht gern gesehen und wenn sie sagten lasst mal die Kirche im Dorf, meinten sie, übertreibt mal nicht, bleibt innerhalb eurer Dorfgrenzen.

Perlen vor die Säue werfen – etwas sinnlos vergeuden, jemandem etwas geben oder zubilligen, was eigentlich viel zu gut für ihn ist. Wertvolle Dinge oder besondere Vorrechte denen anbieten, die unfähig sind, sie zu schätzen. Die Redewendung stammt aus der Bibel: „Ihr sollt das Heilige nicht den Hunden geben, und eure Perlen sollt ihr nicht vor die Säue werfen.“ Aber warum gerade Säue? Warum ausgerechnet Perlen? Hunde und Schweine müssen als Sinnbild des Niederen und Unwürdigen herhalten, weil diese Tiere im jüdischen Glauben, in dem ja das Christentum verwurzelt ist, als unrein und Symbol des Heidnischen gelten. Die Perlen wurden auserwählt, weil sie schon immer für Reinheit, Schönheit und Reichtum stehen.

Von etwas Wind bekommen – etwas erfahren, hören, vernehmen, mitbekommen. Vermutlich entwickelte sich diese Redewendung aus der Jägersprache. Beim Jagen ist Wind ungünstig, denn er transportiert Gerüche von Menschen und anderen Lebewesen. Wenn Tiere wie Wildschweine oder Rehe sie wittern, sind sie gewarnt und flüchten. Bei Wind haben es die Jäger demnach schwer, erfolgreich und unbemerkt zu jagen. Bekommt man heute also von etwas Wind, hat man etwas erfahren, was eigentlich geheim bleiben sollte.

Ein Bäuerchen machen – meist bei Babys aufstoßen, rülpsen. Diese Redensart kommt aus dem Mittelalter, als es noch üblich war, in aller Öffentlichkeit zu schmatzen, rülpsen oder auch einmal einen fahren zu lassen. Martin Luther (1483-1546) sagte einmal: „Warum rülpset und furzet ihr nicht? Hat es euch nicht

Ein Bäuerchen machen -Foto: Colourbox

geschmecket?“ Außer für die Babys wurden diese Körpergeräusche zum Tabu. Auch damals schon wusste man, dass für Säuglinge das Rülpsen unerlässlich und wichtig für die Verdauung ist. Außerdem klappt bei Säuglingen das Zusammenspiel von Luft- und Speiseröhre noch nicht fehlerfrei, so dass regelmäßiges Aufstoßen unvermeidbar ist. Um es etwas zu verniedlichen, nannte man die Rülpser der Babys von nun an entschuldigend Bäuerchen, also kleiner Bauer. Denn nur Babys – und rüpelhaftes Bauernpack – dürfen ungestraft in der Öffentlichkeit rülpsen.

Jacke wie Hose sein – egal oder gleichgültig sein, keinen Unterschied machen. Diese umgangssprachliche Redensart wird seit dem 17. Jahrhundert verwendet. Früher war es nicht üblich, Jacken und Hosen aus dem gleichen Stoff, wie bei Anzügen heute üblich, anzufertigen. Doch dann kam dies in Mode und die Schneider bezeichneten diese Neuerung als Jacke wie Hose.

Daumen drücken – jemandem Glück wünschen, jemandem gutes Gelingen bei einer Sache wünschen. Für diese Redensart gibt es zwei mögliche Ursprünge, einmal vom Daumen drücken und Daumen halten. Im alten Rom haben die Gladiatoren, die den Kampf verloren hatten, durch einen gehobenen Zeigefinger das Publikum um Gnade gebeten. Wollte es den Tod des Gladiators, streckte die Menge die Daumen aus. Signalisierte sie die Begnadigung, streckten sie die Faust mit eingezogenem Daumen aus, drückten den Daumen also.
Den Daumen halten dagegen kommt aus dem deutschen Volks- und Aberglauben. Dort besaß laut Glauben der Daumen die meiste magische Kraft, galt als Glücksfinger und sollte vor bösen Träumen schützen. Der Daumen stand aber auch für das Symbol eines Koboldes  und um den Daumen daran zu hindern, die Vorhaben eines anderen Menschen negativ zu beeinflussen, dem man eigentlich Glück wünschte, hielt man den eigenen Daumen, also den Kobold, mit den anderen Fingern fest.

 

 

Literaturnachweis:
Angelvs Devil: Halt die Klappe
barcamp rhein-neckar: Den Löffel abgeben
Wikipedia: Auf den Hund gekommen
Geolino: Danach kräht kein Hahn
Google: Sprichwörter und Redewendungen
Schule und Familie: Alles in Butter
GEOlino: Die Kirche im Dorf lassen
Dein-Baby: Bäuerchen machen
Redensarten.net: Perlen vor die Säue werfen

 

 

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