|
Von der Hütte zum Gebrüder-Busch-Theater
Auf einer Renteirechnung aus dem Jahre 1467 wird der Name Dahlbruch erstmals erwähnt. 1504 wird er auf einer Urkunde erneut aufgeführt und zwar in Verbindung mit einer Hütte ,,Auf dem Dahlbruch’’. Dahlbruch hatte zu dieser Zeit längst nicht so eine große Fläche wie heute. Hillnhütten, Schweisfurth und die Winterbach waren noch selbstständige Gemeinden. Weiterhin waren im Westen die Fluren Dahlbrucher Wald, Witschenberg und Müsener Bruch noch Loher Gemarkung. Rothenbach und Ferndorf hatten in ihren Tälern durch den rechtwinkeligen Zulauf ein Sumpfgebiet aufgebaut. Deswegen, aber auch aus wirtschaftlichen Gründen, hatte man die
Ehemalige Dahlbrucher Sägemühle
|
Hütte an einen Hang gelegt. Im Bereich, wo heute das Gebrüder-Busch-Theater steht, ist die Hütte damals errichtet worden.
Bereits 1480 wird eine Blashütte hier erwähnt. Da man auch oberhalb einen Weg gebaut hatte (heute wegen dieser Hütte Hüttenweg), war es der große Vorteil, dass man Erze und Heizmaterial von oben und unten ausschütten konnte.
Das Erz kam aus den benachbarten Müsener Bergen, wo es reichhaltig gefördert wurde. Die Hüttenfeuer wurden ausschließlich mit Holzkohle beschickt. Sehr früh hatte man im Siegerland erkannt, dass Holzkohle viel mehr Hitze erbrachte als ein Holzfeuer. Bereits vor Christi Geburt, in der La-Tene-Zeit, hat man hier schon Holzkohle in den Windöfen verfeuert und Eisenerz geschmolzen. Man benötigte nämlich große Hitze, um das Erz flüssig zu machen und ihm das Eisen abzuringen. Für jede Tonne Rohstahleisen, die man produzierte, benötigte man etwa 2,7 t Erz und 1,7 t Holzkohle. Hieraus erklärt sich auch die damals immer wieder anklingende Holzkohlenknappheit und das hierdurch sich ableitende Haubergswesen in der Waldwirtschaft des Siegerlandes. Deswegen waren in den vergangenen Jahrhunderten hier auch sehr viele Meiler anzutreffen. Enorme Mengen von Holzkohle waren notwendig. Sie wurden sogar aus dem Wittgensteiner Land ins Ferndorftal zu den einzelnen Hütten und Hämmer gekarrt.
Da aber auch Wasser benötigt wurde, verlängerte man das Flussbett der Winterbach, und zwar bergseitig am Hüttenweg entlang, bis zum heutigen Hause Weiß. Das Flussbett wurde zu einem langgezogenen Wehrgraben ausgebaut, der viel Wasser staute. Man benötigte nämlich große Wassermengen, um sie als Antriebsenergie zu nutzen und schickte aus diesem Grunde zum Teil auch noch die Rothenbach in diesen Graben. Da man nun Wasser hatte, wurde neben die Hütte noch eine Schneidemühle gebaut. Die Mühle wurde von einem großen oberschlächtigen Wasserrad angetrieben. Auch die Blasebälge für das Hüttenfeuer wurden durch ein zweites oberschlächtiges Wasserrad von ca. 7 m Durchmesser in Bewegung gesetzt. Durch das
Windgebläse der Dahlbrucher Hütte mit einem oberschlächtigen Wasserrad als Antrieb. Es wurde 1833 eingebaut und war ein enormer Fortschritt
|
große Stauvolumen hatte man auch bei Trockenheit noch Wasser, und somit drehte sich das Mühlrad hier länger und die Blasebälge konnten länger fauchen, wie anderswo in den trockenen Jahreszeiten. Übrigens waren solche Wehrgräben hier oft anzutreffen. Das Wasser wurde dann durch einen Graben, der später zum Teil verrohrt worden ist, zur Rothenbach geleitet. Er öffnete sich wieder etwa in Höhe des Trafohäuschen und lief dann im spitzen Winkel unter die Brücke beim Ärztehaus in die Rothenbach. Er hieß Mühlgraben und war ebenso wie der Wehrgraben bis in die 1950er Jahre noch vorhanden.
Wie überall im Siegerland zu dieser Zeit, war auch die Dahlbrucher Hütte, die auch Schmelzhütte genannt wurde, im Besitz von mehreren Personen. Jeder dieser Mitbesitzer war ein Gewerke. Es gab schon strenge Richtlinien. So war unter anderen festgelegt, an wie vielen Tagen jede Siegerländer Hütte ihr Eisenerz verhütten durfte (ähnlich wie Jahrhunderte später in der EG die Quotenregelung für Stahl). Jeder Gewerke verhüttete seinen eigenen Eisenstein mit der eigenen Holzkohle. Der gemeinschaftliche Hochofen wurde ihm hierzu dann für die Zeit, die seinen Anteilen entsprach, überlassen. Dies führte dazu, dass sehr große Lagermöglichkeiten und viele Lagerschuppen vorhanden sein mussten.
All diese Hütten, aber auch die Hämmer, waren in der Regel mit hohen Eschenbäumen umgeben. Sie sollten den Funkenflug in die Nachbarschaft verhindern sowie die Rußbelästigung etwas in Grenzen zu halten. Blei, Kupfer und Silber wurden im Siegerland als Nebenmineralien gewonnen. Diese durften im Frühjahr nicht verhüttet werden, um die empfindlichen Blüten vor den schädlichen Abgasen zu schützen die sie erzeugten. Hieraus kann man schließen, dass Umweltpolitik keine Errungenschaft der Neuzeit ist, zumindest im Siegerland nicht.
Wie oft die Dahlbrucher Hütte verbessert oder erneuert worden ist, kann nicht mehr registriert werden. Aber 1830 fassten die Dahlbrucher Gewerken den Beschluss, eine neue Hütte auf demselben Gelände mit einem 26 Fuß (etwa 7,9 m), hohen Ofen mit Zylindergebläse zu bauen. Da dies schon etwas Fortschrittliches war, gab es Proteste gegen den Neubau, unter anderen auch wegen dem Zylindergebläse, was nur die Dahlbrucher und die Hütte unterm Hain bei Siegen ein- bauen wollten. So schrieb man :,,Das jede Betriebsausdehnung des einen Werkes ein Raub der Rechte des anderen sei, deren ursprüngliche Betriebsrechte durch die Hütten- und Hammerordnung richtig gegeneinander abgewogen sind.’’
Es blieb dabei auch der neue Ofen hatte nur eine beschränkte Betriebszeit von 90 2/3 Tagen im Jahr. Nach Auflagen und verschiedenen Bedingungen konnte erst 1833 mit dem Bau begonnen werden. Das Gebläse was doch gebaut wurde, bestand aus drei senkrecht stehenden Windzylindern, die über eine Kurbelwelle in Bewegung gesetzt wurden. Diese wurde von einem oberschlächtigen Wasserrad, was auf einer 700 mm dicken Holzwelle befestigt war, angetrieben. Wenn bei Frost die Aufschlagwasser nicht ausreichten, wurden einige Männer mehr gebraucht. Diese mussten dann von einem Blasebalg auf den anderen springen, und hielten somit das Gebläse in Gang. Man hatte Angst, die Dahlbrucher könnten zu große, hervorragende Produktionsmengen auf den Markt bringen – daher auch die Proteste. Nachdem der Ofen 1835 endlich in Betrieb ging, wurde dem Bergamt Siegen später gemeldet, dass ein ganz vorzügliches, schönes Spiegeleisen mit dünnen Saum erzielt wurde. Der neue Ofen erreichte eine Tagesproduktion von 8.000 Pfund Eisen. Es war das doppelte was der alte Ofen geliefert hat. Wie man die Gebläseluft später erhitzte, gab es täglich sogar zehn- bis zwölftausend Pfund Eisen.
1845 wurde angeordnet, dass die Hütte in Dahlbruch den Ofen nicht nur mit Holzkohle betreiben soll, sondern auch mit Holzkohle und Koks gemischt und als drittes nur mit Koks. Die viele jahrhunderte – ja zweijahrtausend alte Beschickung der Hüttenfeuer bzw. der verschiedenen Öfen im Siegerland mit Holzkohle ging hiermit langsam zu Ende.
Anno 1855 wurde eine Dampfmaschine in Betrieb genommen. Ein Jahr später wurde die Dahlbrucher Hütte an den neu gegründeten Cöln-Müsener-Berkwerksaktienverein verkauft und in den 1860er Jahren stillgelegt. Der Aktienverein legte seine neue Produktionsstätte an die inzwischen gebaute Ruhr-Sieg-Eisenbahnstrecke (heute Blefa), wo moderne Hochöfen in Betrieb genommen wurden. Der Zerfall der Dahlbrucher Hütte war hiermit eingeläutet worden. Ein Gebäude nach dem anderen wurde abgerissen. Zuletzt die baufällig gewordene Schneidemühle. Als Ersatz hierfür wurde 1904 von der Gewerkschaft Stahlberg eine neue Schneidemühle mit Turbinenantrieb (im Hause Weiß) errichtet. Die Turbinenanlage wurde mit Wasser aus dem oberhalb liegenden Wehrgraben angetrieben. Der Betrieb ist mit Stillegung der ruhmreichen Grube Stahlberg, wofür gearbeitet worden ist, 1931 eingestellt worden.
Im Jahre 1909 wurde auf dem Hüttengelände eine Fest- bzw. Turnhalle mit großem Spielplatz errichtet. Ein über 400 Jahre alter Industriestandort wird damit für immer verabschiedet. Die Ära der Wasserräder, die über Jahrhunderte das Bild des Siegerlandes mit geprägt hatten, war zu Ende.
Der alte Wehrgraben erlangte jedoch in den 1920er Jahren eine neue Bedeutung, er speiste nämlich das Dahlbrucher Freibad bis in die 50er Jahre mit Wasser. Das Freibad stand einst auf der Wiese unterhalb der Terrassenhäuser am Hüttenweg.
Im Sommer 1956 wurde mit dem Bau der jetzigen Turnhalle begonnen, die am 3. Mai 1958 eingeweiht wurde. Ebenfalls noch im selben Jahr wurde die alte Turnhalle, die viele Zerfallserscheinungen hatte, abgerissen. Sie musste Platz machen für eine moderne Kulturhalle mit Orchestergraben. Sie bekam den Namen Dahlbruchhalle und wurde am 12. Februar 1960 feierlich übergeben. Später wurde der Name in Gebrüder- Busch-Theater geändert. Nach langen Beratungen wurde 1968 mit dem Bau des Hallenbades begonnen. Es war das letzte Bauobjekt der einst reichen und selbstständigen Gemeinde Dahlbruch.
Welch eine Entwicklung: Nach über 400 Jahren Siegerländer Industriegeschichte nun fast ein Jahrhundert Sport- und Kulturstätte.
|