Friedrich Flender

Friedrich Flender ein Vorbild für Gerechtigkeit

Im Jahre 1699 übernahm Fürst Wilhelm Hyazinth die Regierungsgeschäfte von dem Fürstentum Nassau – Siegen. Er übte zwar nicht wie seine Vorgänger Glaubenszwang auf die überwiegend evangelische Bevölkerung aus, sondern erpresste sie durch unverschämte Steuerlasten, die er auf die brutalste Art einzutreiben versuchte. Er gab immer mehr aus als er besaß und saugte deswegen seine Untertanen bis aufs

Der grausame Fürst Willem Hyacinth -
Bildherkunft Fotograf Mauritshuis

Blut aus. Betroffen hiervon waren besonders die wohlhabenden Weidenauer Gewerken, die an den Rand des Ruins gebracht wurden. Von Verzweiflung getrieben suchten sie Hilfe beim Kaiser an den sie sich mit Beschwerden und Klagen wendeten.

Der Fürst Hyazinth versuchte mehrfach sein Land für sehr viel Geld an seine evangelischen Verwandten abzugeben. Mit seinem Vater Franz Desideratus hatte er ständig Streit und hasste auch seine übrigen Verwandte. Selbstüberschätzung, Hochmut und Eitelkeit sowie die hieraus hervorgehende fast wahnsinnige Hartnäckigkeit in Fragen seiner vermeintlichen Würde und Hochmut sowie seine Verschwendungssucht waren sein ständiger Begleiter. Auch eine ständige Geldverlegenheit hatte er in seinem ganzen Leben.

Hyazinth und seine Tyrannen erkannten in der Familie Flender die führenden Köpfe für die Unruhe. Als Johann Thomas Flender im Namen seiner Mitbürger erklärte, man könne die unmenschlichen Forderungen nicht mehr aufbringen, wurde er gefangen genommen und sollte hingerichtet werden. Daraufhin forderten die Freunde, Nachbarn und Bekannte seine

Gedenktafel Portal für Friedrich Flender

Freilassung vor dem Schloss. Der Fürst in seiner Verblendung glaubte an eine Revolution und schickte Soldaten und Reiter nach der Haardt um die Rädelsführer fest zu nehmen.

Die Schlosssoldaten hatten nicht nur Friedrich Flender alleine im Visier. Sein älterer Bruder Johann Jakob Flender und sein Schwager Johann Ebert Stute konnten nach einer wilden Verfolgungsjagd durch die Ferndorf, es war damals der Grenzfluss zwischen den katholischen und reformierten Landesteilen, ans andere rettende Ufer flüchten. Friedrich Flender ergriffen die Soldaten als er mit seinen Knechten bei der Feldarbeit war. Einen Knecht prügelten sie so lange bis er seinem Herrn die Hände auf dem Rücken zusammenband. Die Taschen von Friedrich wurden mit schweren Steinen gefüllt damit er nicht weglaufen konnte. So wurde der Gefangene zu Fuß nach Siegen gezerrt.

Der Ferndorfbach war seinerzeit die Grenze

Abschiedsbrief von Friedrich Flender an seine Frau

zwischen zwei Kirchspielen. Alles was links der Ferndorf war gehörte zum Kirchspiel Netphen und rechts vom Fluss zu Ferndorf. So gehörte Hillnhütten, was heute zu Dahlbruch zählt sowie Kredenbach zum Kirchspiel Netphen, wohin auch die Menschen beerdigt wurden.

Friedrich Flender wurde drei Tage auf dem Schloss in Haft genommen. Der Fürst verurteilte ihn mit seinen Räten zu Tode. Zwei Räte die zu wiedersprechen wagten wurden eingekerkert. Man hatte ihm gestattet einen Brief an seine Frau zu schreiben, die ihm erst drei Wochen zuvor Zwillinge geboren hatte. In dem bewegenden Brief nahm er Abschied von ihr und der irdischen Welt. Der Originalbrief befindet sich im Museum des Siegerlandes. Er ist bei Abbruch des Hauses der Witwe Flender in einer Wandnische gefunden worden. Am dritten Tage in den Morgenstunden erfuhr Flender sein Todesurteil.

Einige Zeilen aus dem Brief den Flender geschrieben hatte. Hertzliebe Haußfrau Catharina Flenderin! Ich verbleibe euer Ehegemahl bis in den Todt, welcher Sterbestunde mir anheute angekündigt worden. So es nun ja sollte vollbracht werden, da

Abschnitt aus der Katasterkarte von 1841 mit Wohnhaus von Friedrich Flender (Hausnummer 41) -
Aus dem Buch von Böttger

ich noch bis zum letzten Augenblick Gottes und ihrer Hoheit Gnade mich vertröste, sodaß ich mich versichert weiß im Hertzen. ……………. Bitte also, wenn wir in diesem zeitlichen Leben uns nicht wiedersehen, dies alles mit Geduld und Verstand zu überwinden. Auch gute Acht auff die drey unmündigen Kinder zu haben, damit die Chriestlich auffertzogen werden und der Himmlische Vatter euer sambt und sonders Verpfleger sein wird, über-----Vale* 1707 den 29. Märtz. Allen Freunden gute Nacht Friedrich Flender. * Vale = Sei stark, d.h. Lebewohl!, auch: Sei gesegnet!

Fridrich Flender von der Haardt wurde am 29. März 1707 auf Befehl des katholischen Fürsten Wilhelm Hyazinth im Hasengarten am oberen Schloss in Siegen enthauptet. Er wurde ohne jegliches Gerichtsurteil hingerichtet. Sein Haupt wurde zur Abschreckung auf dem Bollwerk über dem Marburger Tor auf eine Stange gesteckt in Richtung nach den Hütten.

Es muss ein schauderhafter Anblick gewesen sein. Auf dem höchsten Bauwerk prangte am Morgen des 29. März 1707 auf einem Spieß der abgeschlagene Kopf des jungen Gewerken Friedrich Flender. Als Warnung blickte das leblose Haupt auf die Hütten bei Weidenau herab. Dieses Spektakel war im oberen Schloss bis aufs kleinste vorbereitet gewesen. Bereits 1706 hatte die Regierung

Hermann Böttger über Friedrich Flender - Buchtitel

allen säumigen Steuerzahlern mit dem gleichen Schicksal gedroht. Wer vermögend sei und die geforderten Abgaben nicht leistete, dem werde der Kopf abgeschlagen und auf die Mauer gepflanzt.

Am darauffolgenden Tage ist sein Haupt wieder heruntergenommen worden. Es wurde mit dem Körper in eine Lade gelegt und in Weidenau auf dem Kirchhof an der Mauer unmenschlich begraben. Angst und Schrecken verbreitete sich im Lande noch mehr als vorher. Reformierte sowie Katholiken mussten um ihr Leben kämpfen.

Solch eine böse, ruchlose und unbarmherzige Tat des katholischen Fürsten ist so schnell wie ein Feuer durchs ganze Land gegangen. Wo Menschen darüber gesprochen haben, wurde einhellig gesagt, dass der allmächtige Gott solchen Missbrauch nicht ungestraft hinnehmen lassen werde. Wenn ja, dann müsste kein Richter mehr im Himmel sein.

Die Gefangennahme und die Hinrichtung von Friedrich Flender sind auf dem Hintergrund der konfessionellen und politischen Gegebenheiten, die um die Wende des 17. Jahrhunderts im Siegerland aber besonders in dem katholischen

Aus der bronzenen Gedenktafel zum 300. Todestag von Friedrich Flender

Landesteil herrschten zu suchen.

In einem alten mächtigen Gewerkenhaus an der unteren Friedrichstraße, heute Weidenauer Straße, wurde Friedrich als siebtes Kind seiner Eltern geboren. Er wurde am zweiten Sonntag vor Ostern 1674 getauft. Die Kirchbücher hatten seinerzeit nur ein Tauf- und Trauungsregister und seit 1614 auch ein Sterberegister. Das Geburtsdatum wurde noch nicht eingetragen. Also erblickte Friedrich kurz vor seiner Taufe das Licht der Welt.

Bis 1690 besuchte er die Lateinschule in Siegen und ging dann in seinen Familienbetrieb. Im Frühjahr 1701 heiratete er Catharina von Schneppenkauten, die Tochter des Kirchenältesten Tillmann Flender, die ihm mehrere Kinder schenkte. Er besaß viele wissenschaftliche Bücher, was damals in seinem Stande ungewöhnlich war.

Friedrich Flender war das elfte Glied in einer seit Mitte des 14. Jahrhundert nachweisenden Gewerken von Hammerschmieden, die vor der Haardt eines der ältesten Eisenwerke des Siegerlandes betrieben. Zu den Ahnen

Friedrich Flenders Abschied vom Zeitlichen - Aus dem Buch von Böttger

gehörte auch Gothart Busch, der nach ihm benannten Buschgotthaardtshütte, er verstarb 1498. Ältester Ahnherr ist der 1360/70 geborene Pusch, der die Hütte vor der Haardt bereits von seinen Eltern übernommen hatte.

Friedrichs Flender Opfer aber war nicht umsonst. Die Klagen beim kaiserlichen Reichshofrat zogen eine Untersuchung nach sich. Hyazinth musste das Siegerland verlassen und wurde als Fürst abgesetzt. Das Kölner Domkapitel schickte eine Delegation nach Siegen, die die Zwangsnahmen des Fürsten aufhoben. Mit Zulassung der Kaiserlichen Kommission wurde am 26. April der Leichnam von Friedrich Flender wieder ausgegraben. Er wurde dann in Johann Truppachs Haus in Weidenau gestellt, wo hunderte Menschen von ihm Abschied nahmen. Der Pfahl auf dem sein Kopf gesteckt war wurde verbrannt. Zwischen 11 und 12 Uhr am Osterdienstag 1707 ist er dann bei einer sehr großen Menge des Volkes auf dem alten Friedhof zu Weidenau in das alte Familiengrab der Flenders, mit allen Ehren beigesetzt worden. Die Traueransprache hielt Pfarrer Eberhadi vor den gerührten Trauergästen, über Römer 8 Vers 35 bis 39.

Die Kaiserliche Abordnung hat erklärt, dass das Blut Flenders unschuldig vergossen wurde und sein Tod wiederrechtlich und grausam war. Sein Tod ging als Ruhmesblatt bürgerlichen Freiheitssinn in die Geschichte ein. 

 

 

Literaturhilfe:
Siegerländer Mosaik: Friedrich Flender Vorkämpfer bürgerlicher Freiheit
Siegener Zeitung: Allen Freunden gute Nacht Friedrich Flender
Hermann Engelbert: Hiterhüttsche Chronik
Stammbaum der familie flender: 300. Todestag Friedrich Flender am 29.03.2007
Hermann Böttcher:  Friedrich Flender vor der Hardt

 

 

Druckversion (nur Text) als pdf-Datei zum herunterladen