Ginsberger Heide

Die Ginsberger Heide war ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt

Bereits schon in der vorchristlichen Zeit sollte die Ginsberger Heide strategisch gesehen ein wichtiger Punkt gewesen sein. Denn die damaligen Herren des Eisenlandes, des Siegerlandes, ließen hier eine starke militärische Schutzanlage gegen eine von Osten

Die Ginsburg wurde im 13. Jahrhundert auf den Resten eines Vorgängerbaus errichtet. In den 1960er-Jahren wurde sie wieder aufgebaut -
Foto: Stadt Hilchenbach

drohende Gefahr bauen. So entstand eine Verbindung nach Osten. Ein wichtiger natürlicher Zugang zu den vorgeschobenen Befestigungen der Wallburgen bei Aue und Laasphe. Aber auch die vorgeschichtliche Burg auf dem Schlossberg bei Vormwald. 

Gleichzeitig hatte diese Burg vermutlich eine Verbindung zu den Wallburgen, der Alten Burg bei Obernau und der bei Rittershausen. Die aus Süden von Main und Rhein kommende über den Westerwald führende alte Höhenstraße, deren Siegerländer Strecke unter dem Namen Eisenstraße bekannt war, gehörte Wahrscheinlich auch hierzu. Es sprach vieles dafür, dass diese Straße nördlich der Ginsberger Heide in nordöstlicher Richtung über den Kamm des Rothaargebirges weiter führte. So musste die Ginsberger Heide der Treffpunkt von drei wichtigen Verkehrswegen gewesen sein. 

Die auf natürlichen Gegebenheiten ruhende Bedeutung der Ginsberger Heide erkannte

Die Gillerbergschanze im Jahre 2000 -
Foto: Sprungschanzen-Archiv

auch das Mittelalter. Nicht lange, nachdem die Nassauer Grafen im Siegerland sesshaft geworden waren, errichteten sie um 1250 in der ehemaligen Wallburg die Ginsburg. 1384 hatte König Wenzel den Grafen von Nassau die Einrichtung eines Femgerichts (Freistuhl) auf der Ginsburg erlaubt. Im Jahre 1389 erneuerte er dieses Angebot. Der Oberfreistuhl Arnsberg widerrief die Erlaubnis 1424. Mehr als 300 Jahre diente diese Burg zum Schutz gegen Wittgenstein und Kurköln. Kurz vor dem Verfall hatte sie eine große Bedeutung.

Im Jahre 1568 trafen sich auf dem Giller Wilhelm der Schweiger, mit deutschen und niederländischen Patrioten, um die letzten Vorbereitungen für

Panorama der Zeltstadt bei Kultur Pur auf dem Giller im Jahre 2009 -
Bild: Urheber Daderich

den Befreiungskampf der Niederlande gegen Spanien zu treffen. Monate später war die Ginsberger Heide Sammelplatz von mehreren Heeren. Sie marschierten unter dem Befehl Ludwig von Nassau von hier nach den Niederlanden. Übrigens verlief über den Giller ein Abschnitt der langen Rhein-Weser-Wasserscheide, welche die Einzugsgebiete vom Rhein im Westen und von der Weser im Osten trennten.

Der Verfall der Burg erfolgte in den folgenden Jahrhunderten. Jung Stilling hatte in seiner Jugend noch die überwuchernden Reste der Burg gesehen. Sie waren bis zu den Ausgrabungen 1960 verschwunden.

Festival mit einem romantischen Flair in der Natur. Kultur Pur 2009 auf dem Giller -
Foto: WR

Jung Stilling erzählte weiter, als das Rittertum langsam zu Ende ging, sollten die Bewohner Übergriffe auf andere gemacht haben. Beispielsweise ein gewisser Johann Hübner, der den Leuten in Grund und Umgebung das Vieh geraubt haben sollte. Auch seien Reiter, die in der Nähe des Weges kamen, überfallen worden. Man habe ihnen die Rosse und ihre Habseligkeiten abgenommen und sie dann an einen Baum gefesselt. Aber auch seine Vorfahren hätte man, wenn sie mit Frucht aus dem Hessenland kamen, überfallen. Um sicher zu sein hätte man nachts Wachen mit geladenen Gewehren aufgestellt. Ein wackerer Fürst aus dem Hessenland, der "schwarze Christian", hätte Johann Hübner besiegt und die Burg zum Teil zerstört, wodurch der

Abschluss des Gillerbergfestes um 1950

Zerfall nach und nach eingetreten war.

Die verkehrsgeographische Lage der Heide zeigte sich im Mittelalter klarer als in der Wallburgenzeit. Diesen Charakter hatte sie bis ins 19. Jahrhundert bewahrt. Erst durch die Erbauung der Landstraße von Hilchenbach nach Erndtebrück und die dazu passende Eisenbahnlinie, die beide um die Heide herum führten, hatten sich die alten Wegeverhältnisse grundlegend verändert. In den 1960er Jahren war die Burg freigelegt und restauriert worden. Heute ist die Anlage mit dem im Zuge der Restaurierung wieder auf gemauertem Rundturm Ausflugsziel und Aussichtspunkt. Die Innenräume des Turmes wurden auch als Festsaal und Trauzimmer von Heimatfreunden genutzt. 

Die Verlängerung der Eisenstraße lief östlich und nördlich am Giller vorbei über die Heide zum Forsthaus, dann entlang der Ferndorfquelle zur oberen Lenne weiter nach

Tausende Besucher bei jährlichem Bauernmarkt auf der Ginsberger Heide

Meschede  bzw. Arnsberg, wo der Anschluss an wichtige nordwestliche Straßen erreicht wurde. Ihr südlicher Ableger ging über Dillenburg bzw. den Westerwald zum Mittelrhein über Wetterau nach Frankfurt. Weiterhin war auf alten Karten ersichtlich, dass sie noch an einer bedeuteten Verkehrsstraße lag, die von den Niederlanden über Frankfurt nach Süddeutschland verlief.

Hieraus kann man erkennen, dass die Ginsberger Heide seinerzeit keine einsame Waldidylle war, was wir heute in ihr sehen. Die Heide war Jahrhunderte lang ein echter Verkehrsknotenpunkt. Wenn der Straßenschutz hier oben versagte machte sich ein Straßenräuberwesen breit. Man erzählte sich, dass öffters kölnische Bauern räuberische Überfälle auf dem auf der Heide gelegenen Wirtschaftshof unternommen hätten. Der Hof lag in der Nähe des heutigen

Aus Stroh nachgebaute Antoniuskapelle auf der Ginsberger Heide -
Bild: Siegener Zeitung

Forsthauses. Er war erst zu Beginn des 19. Jahrhundert aufgegeben worden. Es war eine größere Ansiedlung gewesen was den Namen nach dem dort entspringenden Bach Wegebach gleich Webach führte. So sollten 1479 sogar zwölf Steuerpflichtige dort oben erwähnt worden sein. Zum Vergleich der Größe, Brauersdorf hatte 9, Oberholzklau 8, Eckmannshausen 8 und Oberfischbach 7 Steuerpflichtige zur damaligen Zeit.

Bereits 1319 sollte laut einer Urkunde dort auch eine Kirche gestanden haben. Diese ging in jenen Jahren aus dem Besitz des Klosters Keppel an die Grafen von Nassau. Es war die durch eine Flurkarte nachgewiesene Antoniuskapelle. Sie sollte in der vorreformierten Zeit ein beliebter Wallfahrtsort gewesen sein. Die Überlieferung sprach auch von einem Friedhof westlich des Forsthauses. Aber auch von einer Mühle sprachen die Urkunden, die nördlich der Heide gestanden haben sollte. Später war sie vermutlich nach Grund verlegt worden.

Anfang der 1900er Jahre wurde ein Sportplatz auf dem Giller gebaut. Hier fand das jährliche Gillerbergfest bis heute statt, was erstmals 1907 ausgerichtet wurde. Es ist

Die Eisenstraße im Rothaargebirge

heute das größte deutsche Bergturnfest. Im Jahre 1925 wurde die erste Gillerbergschanze erbaut. Sie wurde 1949 tüchtig umgebaut bzw. verbessert. Den Schanzenrekord von 43 Metern erzielte der mehrfache deutsche Meister, vielfacher Vierschanzentournee- und Olympiateilnehmer Alfred Grosche. Die Schanze wurde bis 2003 genutzt und 2012 abgebrochen. In den 1960 Jahren wurde ein Skilift neben die Schanze gebaut der heute noch besteht.

Seit 1991 war Hilchenbach und die Region Siegen Wittgenstein um ein kulturelles Großereignis auf der Ginsburger Heide reicher geworden. Immer zu Pfingsten entstand in einer außergewöhnlichen Landschaft eine Zelttheaterstadt. Der Giller bildet für fünf Tage dann immer die Kulisse für ein internationales Musik- und Theaterfestival der ganz besonderen Art.

Ein liegendes, weißes “R” auf rotem Grund markiert den Hauptweg des Rothaarsteiges

Jedes Jahr strömten über 50.000 Besucher in dieser Zeit auf den Giller um das abwechslungsreiche Programm Kultur Pur zu sehen. 

Der Rothaarsteig, einer der bedeutensten Wanderwege in NRW, wurde am 6. Mai 2001 ausgerechnet auf der Ginsburg eröffnet. Sein Hauptweg führt von Brilon nach Dillenburg, überquerte den Giller und ist 156,8 Km lang. Das Wanderzeichen des Rothaarsteiges war ein auf dem Rücken liegendes weißes R auf rotem Grund. Er verläuft zumeist entlang der Rhein-Weser-Wasserscheide durch bewaldete Berge.

Aber auch weitere Veranstaltungen, Begegnungen und Zeltlager finden heute noch jährlich auf dem Giller statt. Somit ist die Ginsberger Heide seit vielen Jahrhunderten ein Mittelpunkt und Zentrum das seines Gleichen sucht.

 

 

Literaturnachweis:
Dr. Hermann Böttger: Die Ginsberger Heide - eine historische Stätte
SV Lützel: Ski Sprungschanzen Archiv
Wikipedia: Alfred Grosche
E. Hennings: Die erste Sprungschanze am Giller
Saßmannshausen, Lehrer in Lützel: Schulausflug von Lützel zu Ginsburg
Stadt Hilchenbach: Kultur Pur am Pfingsten in Hilchenbach
rothaarsteig.de: rothaarsteig

 

 

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