|
Carl Kraemer ‘‘Vater des Tierschutzgesetzes‘‘
Wenn über die bedeutenden Söhne unseres Heimatlandes geschrieben wird, dann darf der Hilchenbacher Friedrich Ernst Carl Kraemer der große Tierschützer nicht fehlen. Carl Kraemer wurde am 22. Dezember 1873 in der Bruchstraße in Hilchenbach geboren und beschäftigte sich von klein auf mit Tieren und Pflanzen. Den heimischen Vögeln galt seine besondere Liebe. Nach der Schule erlernte er das Sattlerhandwerk und wurde später Sattlermeister. Bereits 1899 übernahm er den Vorsitz des 1885 gegründeten Hilchenbacher Tierschutzvereins.
Mit 23 Jahren wurde er korrespondierendes Mitglied der zoologischen Sektion des Westfälischen Provinzialvereins für Wissenschaft und Kunst in Münster. 1894 lernte er Hans und Meta Beringer, kennen die den Berliner Tierschutzverein zur Bekämpfung der Massentierquälerei leiteten. Es entwickelte
Carl Kraemer im gesetzten Alter
|
sich zwischen ihnen eine enge Freundschaft. Die Berliner hatten seine Fähigkeiten schnell erkannt und so wurde er 1911 Geschäftsführer ihres großen Vereins. Zu dieser Zeit waren beide schon einige Jahre verstorben. Per Handschlag hatte er aber dem Ehepaar Beringer versprochen, ihre Arbeit weiter zu führen. Das Versprechen hatte er gehalten bis zum letzten Atemzug.
Im ersten Weltkrieg bereiteten die motorisierten Fahrzeuge immer wieder große Schwierigkeiten. Deswegen war zunächst für die kriegsführenden Nationen das Haupttransportmittel das Pferd. Es war geländegängig und benötigte weder Ersatzteile für Reparaturen noch Benzin. Das Elend dieser Tiere hatte Kraemer schnell erkannt, denn bei einer Beinverletzung wurde das Ross zu Beginn des Krieges sofort erschossen.
Modell eines Pferdetransportwagens, den Carl Kraemer 1915 bauen ließ. Er ist die Mutter aller heutigen Pferdeanhänger
|
Aus diesem Grunde setzte sich Kraemer im ersten Weltkrieg besonders für den Schutz verwundeter Pferde ein. Diese Tätigkeit wurde von vielen Persönlichkeiten seinerzeit unterstützt. Er errichtete Pferdelazarette und startete Aufrufe für Geld- und Sachspenden. Im Jahre 1915 entwickelte er sogar einen Pferdetransportwagen, um die Tiere so schmerzlos wie möglich in die Lazarette zu befördern. Der Wagen wurde später in Serie gebaut. Dieser Transportwagen war unverkennbar die Mutter aller heutigen Pferdeanhänger. Zu seinen Förderern zählte auch Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg, der spätere Reichspräsident.
Die Interessen des Deutschen Reiches vertrat er beim internationalen roten Stern. Der im Juni 1945 in Genf tagte und den verwundeten Kriegspferden internationalen Schutz gewähren sollte. Der rote Stern hatte die ähnliche Aufgabe wie das rote Kreuz nur für die Tierwelt. Alleine auf deutscher Seite waren im diesem Kriege über 1 ½ Millionen Pferde im
Deckblatt der Zeitschrift ,,Der junge Tierschützer'' 1939/40
|
Einsatz, von denen 2/3 der Tiere verstarben. An dieser Zahl ließ sich erkennen, welch edle Aufgabe sich Kraemer u. a. aufgebürdet hatte.
Nach dem ersten Weltkrieg betrieb er in Berlin eine Druckerei. In Millionen Auflagen wurden hier Werbeschriften für den Tierschutz hergestellt. Das eigene Verlagsgebäude stand in Berlin-Kreuzberg und hatte mehrere Dutzend Angestellte. Kraemer hatte schnell erkannt, dass die Arbeit für den Tierschutz Stückwerk bliebe, solange eine ausreichende gesetzliche Grundlage fehlte. Lange schriftliche Ausführungen liebte er nicht, denn nach seiner Meinung landeten sie nur bei den Akten. Er marschierte selbst in Land- und Reichstage und überzeugte die verantwortlichen Menschen persönlich. Er hatte verschiedene Ausweise, die ihm jederzeit Zutritt gewährten.
An der Gründung des Schlachtgesetzes und der Regelung der Betäubung aller Schlachttiere vor der Blutentziehung hatte er großen Anteil. Er verfasste Resolutionen für nationale und internationale Fachtagungen und trieb somit den Tierschutz auch im Ausland voran. Den größten Erfolg hatte er am 24. November 1933, als das erste deutsche Tierschutzgesetz erlassen wurde, was die Krönung seines Lebens wurde. Hierbei flossen seine Interessen und Forderungen ein, denn er hatte sich mit großer
Carl Kraemer in seinen jüngeren Jahren nach einer Zeichnung von Carus
|
Leidenschaft dafür eingesetzt. Aus diesem Grunde nannte auch der damalige zuständige Referent im Reichsministerium des Inneren Dr. von Seefeld Carl Kraemer als den ‘‘Vater des Tierschutzgesetzes‘‘. Das Gesetz galt seinerzeit als sehr fortschrittlich und hatte eine Vorbildfunktion auch im Ausland.
Die Nationalsozialisten wollten damals die deutschen Tierschutzvereine in den Reichstierschutzverband einnehmen und Carl Kraemer ausschalten. Dieses unterband Kraemer, in dem er den Berliner Tierschutzverein auflöste und den ,,Verlag Tierschutzwerbedienst GmbH‘‘ gründete. Die Sonderdrucke hießen u. a. ,,Tierschutz im Kriege‘‘. Darin waren einige Berichte von Carl Kraemer,, Tierschutz im Felde.‘‘ Aber auch von Tierarzt Dr. Rolf Korkhaus ,,Arbeit in einem Pferdelazarett.‘‘
Wer geglaubt hätte, dass die Pferde im zweiten Weltkriege keine Rolle mehr gespielt hätten der irrte sich. Es waren alleine auf deutscher Seite 2,7 Millionen Rösser und Maultiere im Einsatz. Ihr Blutzoll war immens, denn es sollen nach Schätzungen 1,8 Millionen davon umgekommen sein! Umgerechnet auf die Dauer des Krieges waren es täglich 860 Pferde!
Erinnerungstafel an Carl Kraemer an seinem Geburtshaus in Hilchenbach in der Bruchstraße
|
Die Papierknappheit im zweiten Weltkrieg machte später diese Arbeit fast unmöglich. Das Verlagsgebäude wurde durch Bombenangriffe im April 1945 zerstört. Carl Kraemer setzte nun seine Arbeit erfolgreich in seiner Heimatstadt Hilchenbach, in die er Ende 1943 wieder gezogen war, bis zu seinem Tode am 12. Mai 1951 fort. Aus dieser Zeit wurde besonders bekannt, ,,Der Deutsche Tierschutzkalender‘‘ für die Schulen.
Am 20. Juni 1978, 27 Jahre nach seinem Tod, wurde in Bad Harzburg die Carl – Kraemer –
Das Symbol der Carl- Kraemer-Realschule in Hilchenbach. Das Bild zeigt einen verletzten Fuchs in helfende Händen sowie das Logo der Carl-Kraemer- Grundschule in Berlin. Im Bildnis zwei Tiere, die an den Tierschutz erinnern sollen
|
Stiftung gegründet. Sie hat heute ihren Sitz in Hilchenbach. Die Förderung von Wissenschaft, Bildung, Erziehung und Kultur auf dem Gebiete des Tier- und Naturschutzes hatte sie als Hauptaufgabe. Die Stiftung wollte sicherstellen, dass die Arbeit des Berliner Tierschutzverein überall wo eben möglich ist, fortgesetzt wurde. Aber auch, dass das Lebenswerk des Hilchenbachers Carl Kraemer, des wohl bedeutendsten deutschen Tierschützers, der den Verein von 1911 bis 1951 mit gestaltete, erhalten bliebe.
Carl Kraemer ist seit dem 16.02.1955 Namensgeber der ,,Carl-Kraemer-Grundschule‘‘ in Berlin-Wedding. Berlin ehrte damit Kraemer für sein hervorragendes Wirken in der Hauptstadt. Genau 50 Jahre später, am 23. Februar 2005, gab der Stadtrat von Hilchenbach der Realschule den Namen Carl-Kraemer-Realschule. Um diesen großen Tierschützer in Erinnerung zu behalten hat man in Hilchenbach auch eine Straße den Carl Kraemer Weg nach ihm benannt.
|