Florenburger

Jung-Stilling nannte sie Florenburger

Der Ort Heylichinbach (Hilchenbach) wird erstmals im Jahre 1292 in einer Urkunde des Nonnenklosters Keppel erwähnt. Da von einem Ort gesprochen wird, muss und hat die erste Besiedelung von Hilchenbach schon früher stattgefunden. Um 1325 wird Hilchenbach selbstständiges Kirchspiel, Verwaltungsmittelpunkt und erhält den Sitz des Niedergerichts. König Wenzel belehnt die Grafen zu Nassau 1384 mit einem Freistuhl, ein so genanntes Freigericht auf der Ginsburg. Leider bekam es die Gerichtsbarkeit im Jahre 1976 zu Gunsten von Siegen aberkannt. Das Wappen der Stadt Hilchenbach zeigt im blauen Wappenschild einen gelben (goldenen) Wolf, was ein altes Schöffensiegel war. Hieraus lässt sich erkennen, welche Bedeutung die Gerichtsbarkeit einst hier hatte.

Sehr früh hatte Hilchenbach schon einen eigenen Pfarrer. Der älteste bekannte Pfarrer war Dominus Walram plebanus zu Helchenbach Anno 1328. Im Jahre 1342 erscheint der Nachfolger im Amte, es war Pfarrer Anselm zu Heylchenbach. Wenn man so weit in die Vergangenheit geht, ist es ganz natürlich, dass man oft Unterlagen über Pfarrer findet. Diese waren nämlich, im Gegensatz zu der Bevölkerung, des Schreibens damals mächtig. Die Familie Kolbe von Wilnsdorf ist in alter Zeit in Hilchenbach sehr begütert gewesen. Auch das Geschlecht derer von Holdinghausen hat hier viel besessen. Johann von Holdinghausen hat 1365 Haus und Hof zu Hilchenbach an

Blick auf “Dr Schlenkhoff” (Schlinghof) aus der heutigen Kirchstraße heraus im Jahre 1929

Heinrich von Haiger verkauft.

1466 hatte Hilchenbach 47 Häuser und ca. 300 Einwohner. Die damaligen Straßen hießen ,,im Bruch’’, ,,vfm Damm’’ und ,,in der Gasse’’, die alle von unterhalb der Veitkirche gelegenen Marktplatz ausgingen. Welch herrliche Planung, vor weit über einen halben Jahrtausend, die heute noch Bestand hat und die Stadt noch immer prägt. Diese drei Straßen mit dem Markt sind heute noch vorhanden und haben alle offiziell bis auf die Gasse noch ihren alten Namen behalten. Aber die Gässener sind trotz Änderung ihres Namens in Schützenstrasse bei den alten Hilchenbachern noch im Sprachgebrauch.

Da baute man einst im Westen, wo der Marktplatz etwas ansteigt auf einen Hügel die Veitkirche, die höher stand wie alle Häuser seinerzeit. Ausgrabungen haben ergeben, dass die erste Kirche hier bereits um das Jahr 1000 errichtet worden ist. Hieraus geht hervor, dass Hilchenbach wesentlich älter ist als zu Beginn des Berichtes mit der ersten Erwähnung von Anno 1292. Von diesem auch heute noch wunderbaren Marktplatz aus baute man später noch weitere Straßen, so dass dieser Markt das wichtigste Kommunikationszentrum war und bis heute geblieben ist und es in Zukunft auch bleiben wird. 

Im Jahre 1488 besaß die Familie von Bicken, die ein sehr wohlhabendes Geschlecht war, den Zehnten an Heugeld und Hühnergefälle in Hilchenbach (es waren regelmäßig ein Zehntel der Erträge von Ackerbau und Viehzucht, die abgegeben werden mussten). 1565 wurde festgehalten, 6 Malter Korn, 10 Malter Hafer, 3fl. (Floren – so hieß der Goldgulden, damals) Heugeld und von jedem Hause ein Huhn, im Ganzen 60 Hühner. Somit waren damals 60 Häuser mit etwa 400 Einwohnern vorhanden.

Das augsburgsche Bekenntnis wurde vom Grafen Wilhelm dem Reichen zwischen 1530 und 1539 eingeführt. Sein Nachfolger, Johann VI., genannt “der Ältere”, setzte das reformierte Bekenntnis durch. Johann Tiefenbach war der erste evangelische Geistliche. Während überall in dem nassau-siegenschen Lande ein bunter Religionswechsel folgte, blieb Hilchenbach in der Religionsausübung ungestört. Die Florenburger, wie Jung-Stilling sie immer nannte, hatten bereits Ende des 16. Jahrhunderts eine Schule. Der erste bekannte Lehrer war Heinrich Schmitt von 1613 bis 1631. Graf Wilhelm erhielt 1623 das Kirchspiel Hilchenbach. Nach einem Erbfolgestreit wurde es 1649 dem Grafen Johann Moritz zugesprochen, der 1653 seinen Neffen Wilhelm Moritz zum Mitregenten machte. Im selben Jahre befasste sich das Gericht zu Hilchenbach mit einem der letzten großen Hexenprozesse. Alle 18 Angeklagten wurden für schuldig befunden und zu Tode verurteilt. Das Urteil wird wohl auf dem Berg oberhalb des Gerichtes durch Enthauptung und Verbrennung durchgeführt worden sein. Auf diesem Berge wird bestimmt auch mal ein Galgen gestanden haben, denn der Berg heißt heute noch Galgenberg.

Das Dorf Hilchenbach wurde am 1. Mai 1687 von Wilhelm Moritz zum Flecken erhoben und mit Fleckenrechten, Gerechtigkeiten und selbstständigen Freiheiten bedacht. Es erhielt somit Stadtrechte und konnte ab diesem Zeitpunkt, seine Bürgermeister selber wählen, Märkte abhalten und Steuern selbst einnehmen. Aber auch von allen Frondiensten und so man- cherlei Abgaben wurden sie befreit. Für diese Fleckenrechte müssten sie 6200 Reichstaler an den Fürsten zahlen. Ein wirklich stolzer Preis! Die Hilchenbacher bekamen damit auch das Recht, sich burgenähnlich, mit einer Ring- bzw. Stadtmauer, gegen unerwünschte Eindring-linge, Krieg, Seuchen usw. zu schützen, und aus Einwohnern wurden Bürger.  Fremde wurden z.B. in diesem Flecken nur aufgenommen wenn ihre eheliche Geburt und ein guter Leumund nachzuweisen war. Weiterhin wurden dabei vom Mann 10 und von einer Frau 5 Reichstaler verlangt und ein lederner Eimer war mitzubringen. Wenn auch nie eine Stadtmauer um Hilchenbach gewesen ist, so haben sie sich doch das Recht dazu erkauft.

Der Gulden von Deutschland, von dem später auch der Taler abgeleitet wurde, ist eine Nachahmung vom Florenzer Floren, der erstmals 1252 geprägt wurde. Die Goldmünze der Gulden hatte daher früher bei uns auch noch die Abkürzung fl. (Floren). Die Hilchenbacher hatten somit durch Floren sich burgenähnliche Verhältnisse zu schaffen, erkauft. Mit großer Wahrscheinlichkeit nannte sie Jung - Stilling aus diesem Grunde auch immer Florenburger.

Der Stadt hatte damals ungefähr 550 Bewohner und 77 Häuser. Am 1. Mai 1689 brach am Nachmittag bei der Bürgermeisterwahl in der fürstlichen Burg infolge einer Explosion ein Feuer aus. Die Feuersbrunst war so gewaltig, dass bereits am selben Abend der ganze junge Flecken bis auf vier Häuser in der Gasse und ein Haus auf dem Damm in Schutt und Asche lag. Die Hitze war so groß, dass sogar die Glocken der Kirche geschmolzen sein sollen. Mit dem Wiederaufbau im selben Jahr wurde noch eine neue Schule gebaut, die deutschen und lateinischen Unterricht gab. Im Jahre 1737 entstand, getrennt von den Kirchspielschulen, eine ,,Freie-Flecken-Schule’’.

1776 wurde der Gerichtsbezirk Hilchenbach durch die Kirchspiele Krombach und Ferndorf, sowie die Orte Hillnhütten, Hof Maustal, Hof Buchen und Herzhausen aus dem katholischen  Netphen erheblich vergrößert. 

Anno 1787 waren in Hilchenbach folgende Zünfte vorhanden:

  • Bierbrauer, Wirte, Bäcker und Metzger.
  • Rot- und Weißgerber, Schuhmacher und Sattler.
  • Leinewerker und Müller.
  • Fassbinder, Zimmerleute und Schreiner.
  • Kleinschmiede.
  • Stahlschmiede.
  • Stahlmassenbläser.
  • Wollenweber.
  • Krämer, Schneider und Glaser.

Zur besseren Ausübung der Fleckenrechte wurden ab dem Jahre 1792 je zwei Abgeordnete aus den vier Ortsteilen des Dämmer-, Gässener-, Müller- und Kirchhöferbezirks gewählt.

In Hilchenbach standen 1794 120 Häuser und es hatte über 800 Bewohner. Unter französische Herrschaft kam es 1807 und bildete etwa in der heutigen Größe die Munizipalität Hilchenbach. Es gehörte zum Kanton Netphen und Arrondissement Siegen. Marie war auch der spätere Bürgermeister Reifenrath. Nachdem die französische Beherrschung 1813 endete, erhielt Prinz von Oranien Wilhelm Friedrich das Siegerland zurück, trat es aber 1815 an Preußen ab.

Bereits 1817 wurde bei den Florenburger die Bürgermeisterverwaltung eingeführt und 1836 die Städteordnung. Das Magistratskollegium wird 1837 gegründet. Ab nun wurde die Stadt vom Magistrat verwaltet und von der Stadtverordnetenversammlung, die aus neun Personen bestand, vertreten.

Im Jahre 1839 wurde die alte St.- Veitkirche, da sie zu klein und baufällig war abgebrochen. Die Grundsteinlegung zur neuen Kirche fand am 24. April 1844 statt. Zuvor hatte der  König Friedrich Wilhelm IV. die Zeichnungen hierfür selbst geprüft und verbessert. Er hatte nämlich die alte Kirche als Kronprinz am 16. Oktober 1833, nach Pflanzung der Kronprinzeneiche, in Augenschein genommen. Am 17. Dezember 1846 erfolgte die Einweihung. Zwei Tage nach der Grundsteinlegung am 26. April 1844, wurde Hilchenbach von der zweitgrößten Brandkatastrophe in seiner Geschichte getroffen. 40 Gebäude und das städtische Schulhaus wurden vollkommen

Im Seminargebäude, das am 18. Oktober 1877 eingeweiht wurde und in dem lange Jahre Lehrer ausgebildet worden sind, hatte viele Jahrzehnte das Jung-Stilling-Gymnasium seine Heimat. Nach Auflösung der Schule wird die Carl-Kraemer-Realschule dort einziehen

vernichtet. 47 Familien wurden damals obdachlos. Nach einem neuen Bebauungsplan wurden die Häuser wieder aufgebaut. Es entstand die nördliche Marktseite bis einschließlich der Rotenberger Straße.

Hilchenbach hatte früher auch eine gewerbliche Fortbildungsschule. Eine besondere Beachtung bekamen die Florenburger durch das Lehrerseminar. Die Einweihung des gewaltigen Seminargebäudes, das den Ort einst schlossähnlich überragte, fand am 18. Oktober 1877 statt.  

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