Hexenwahn

Die verheerenden Hexenverfolgungen 

Eine ganz dunkle Geschichte war die Hexenverfolgung vom 14. bis 18. Jahrhundert in Westeuropa, wobei natürlich auch das Siegerland leider nicht verschont blieb. Besonders war der Freudenberger Raum durch die Hexenprozesse im benachbarten Wildenburger Land betroffen.

Im Mittelalter wurden weibliche Personen die lesen und schreiben, sowie Medikamente herstellen konnten, darüber hinaus angeblich auch noch andere (Heil) Kräfte besaßen, als Hexen bezeichnet. Diese betreffenden Personen waren zuvor, nicht zuletzt wegen ihrer ,,heilenden Kräfte‘‘, sogar sehr angesehen.

Die Hexen wurden bei lebendigem Leib verbrannt

Dieses änderte sich allerdings, als die Kirche behauptete, sie ständen mit dem Teufel in Verbindung und besäßen Zauberkräfte. Vermutlich aus Angst vor Machtverlust wurden solche Äußerungen verbreitet. Wie lautet es passenderweise bereits im Buch Exodos Kapitel 22 Vers 17 im Alten Testament: ''Eine Hexe sollst du nicht am Leben lassen''.

Die verfolgten angeblichen Hexen wurden auch für Ernteausfälle, Krankheiten, Viehsterben, Unwetter, Blitzeinschlag usw. verantwortlich gemacht. Selbst für die Geburt eines behinderten Kindes wurde die betreffende Hebamme beschuldigt und als  Hexe bezeichnet. Diese Frauen und Mädchen sollen mit dem Teufel im Bunde gestanden haben und fügten somit folgerichtig Menschen und Tieren Schaden zu. Die meisten verdächtigten Personen stammten aus den unteren Gesellschaftsschichten, aber auch weiblich Personen aus höherem Stand waren nicht sicher, wenn sie diesbezüglich auffällig wurden.  Es konnte damals jeden treffen.

Historiker suchten nach Gründen wie es zu diesen verheerenden Hexenverfolgungen mit über 100000 Hinrichtungen in Europa kommen konnte. Es war die größte nicht kriegsbedingte Massentötung der Geschichte. Kriege

Die Ginsburg, wo seinerzeit auch Hexenverbrennungen stattgefunden haben

, Krankheiten und Katastrophen erzeugten seinerzeit Angst, Panik und Aberglaube bei den Menschen. Die Ernten verdarben, die Menschen litten Hunger, das Vieh starb und Krankheiten wie die Pest, die weit mehr wie ein Drittel der Menschen hinwegraffte, breiteten sich aus. Man suchte Sündenböcke und fand sie in der abergläubischen Bevölkerung. Somit begann die Hetzjagd auf die Hexen.

Zur Legitimation der Hexenverfolgung wurde das Buch der ‘‘Hexenhammer‘‘ geschrieben. Der Dominikaner Heinrich Kramer veröffentlichte es 1486 in Speyer. Durch seine ausführliche Beschreibung wurde das Buch zum Gebrauchswerk der Hexenrichter. Es enthielt Vorgaben für Befragung und Folter wie man zum Erfolg kommen könnte. Das Buch legitimierte jedes vom Hexenmeister genutzte Mittel damit der Angeklagte seine Schuld gestand. Auch gab es Urteilsverkündigungen vor. Die Hexen galten grundsätzlich immer als schuldig. Hierdurch wurde der Hexenhammer zu einer Bibel für die Hexenrichter.

Bei den Hexenprozessen ging oft eine jahrelange Phase eines Gerüchtes voraus, welches von einer bereits inhaftierten Hexe unter Folter erfolgt war. Zu Beginn des Prozesses wurden die angeblichen Hexen, es waren meistens Frauen, vollständig entkleidet und rasiert, um ihre Zauberkraft zu brechen. Ihr Körper wurde dann nach einem Hexenmal untersucht. Bei dieser Gelegenheit kamen auch Vergewaltigungen des Opfers durch den Henker hervor. Den Beschuldigten wurde selten ein Recht auf Verteidigung gewährt. Es durfte seinerzeit keiner ohne Geständnis verurteilt werden. Durch die grausamen Foltermethoden wurde es bei den Hexenprozessen fast immer erreicht.

In der Regel gab es drei Phasen des Verhörs mit je einer Steigerung. Zuerst kam die gütige Befragung des Hexenrichters. Es war ein umfangreicher Fragenkatalog. So wurde u. A. gefragt, ob Absprachen, Verabredungen,

Ausschnitt aus dem Buch “Der Hexenhammer”

Geschlechtsverkehr usw. mit dem Teufel gewesen wären. Erfolgte kein Geständnis, kam die zweite Stufe der Abschreckung. Es wurden die Folterwerkzeuge gezeigt, wie sie angewendet wurden und ihre Auswirkungen. Gab es noch kein Geständnis, wurde die dritte Stufe, die peinliche Befragung mit einer grauenvollen Folterei, durchgeführt. Hierbei kam häufig ein Geständnis heraus, damit die unsagbaren Schmerzen endlich aufhörten. Die allgemeinen Schutzvorrichtungen z. B. Pausen und die Begrenzung der Folter auf eine Stunde wurden hierbei nicht beachtet. Auch die übliche Regelung, wenn nach dreimaligen ansetzen der Folter kein Geständnis heraus kam, der oder die Angeklagte freizulassen sei, wurde nicht befolgt. 

Bei den Hexenverbrennungen wurden die Verurteilten über schnell brennbarem Material an einen Pfahl gebunden und bei lebendigem Leibe verbrannt. Der Feuertod sollte die Strafen der Hölle auf Erden vorwegnehmen. Dies alles geschah an Orten wo viele Schaulustige zusehen konnten. Wer Glück hatte, dem band der Henker, weil er vorher von Angehörigen Geld bekommen hatte, das Seil so fest um den Hals, dass er vor der Verbrennung durch Halsbruch oder Erstickung starb. Die etwas abgemilderte Strafe war, dass erst die Enthauptung erfolgte und dann die Verbrennung in der Öffentlichkeit. Eine besondere Gnade erlangten einige Wenige, welche enthauptet und irgendwo außerhalb des Friedhofes begraben wurden.

Einige Folterwerkzeuge mit ihren Auswirkungen aus dem Mittelalter: Die eine oder andere beschriebene Folter wurde mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auch irgendwo bei der Hexenverfolgung angewendet. Holzsplitter wurden dem oder der Angeklagten beim ''Pflöcke- oder Nageltreiben'' unter Fuß- und Fingernägel getrieben, um ein Geständnis zu entlocken. Das ''Halseisen oder auch Würgeschraube''

Hexenverbrennung im Mittelalter

genannt presste den Hals zusammen und man bekam Atemnot. Bei der ''Schädelpresse oder Kopfzwinge'' entstand ein enormer Druck am Kopf. Bei der ''Streckbank'' wurde der Körper mit einer Winde auseinander gezogen bis die Gelenke heraus sprangen. In eine Schraubzwinge wurde ein Finger bei der ''Daumenschraube'' gelegt und zusammen gequetscht. Eine ''Halskrause mit Dornen'', die etwa fünf Kilogramm wog, wurde um den Hals gelegt und hinten verschlossen. Durch das Gewicht bohrten sich die Dornen langsam ins Fleisch. Das Opfer behielt die Krause oft tagelang an, so dass es sich nicht hinlegen konnte. Beim ''Riemenschneiden'' wurden mit einem Messer Riemen aus der Haut geschnitten. Eine Walze gespickt mit Eisendornen wurde beim ''Gespickten Hasen'' über Bauch und Rücken gerollt. Die ''Spanische Spinne'' war wie ein Kamm. Ihre Spitzen waren  aus Eisen und er wurde an empfindlichen Stellen unter die Haut geschoben und angehoben, um ein Geständnis zu erhaschen. Der ''Spanische Bock'' war ein dreikantiges hohes Holzklotz auf das eine Frau gesetzt wurde, die Gewichte an den Beinen hatte. Ziel war die Misshandlung der Genitalien.

Wenn auch die Hexenhinrichtungen schon vor über 200 Jahren beendet wurden, haben wir heute noch verschiedene Sachen davon im Sprachgebrauch. So der ‘‘Hexenbesen‘‘ eine Verzweigung in den Bäumen. Oder das ‘‘Hexenkraut‘‘, der ‘‘Hexenpilz‘‘ und der ‘‘Hexenring‘‘, was alles in der Natur wächst. Auch der Ausdruck ‘‘Hexenstich‘‘ beim Nähen oder der plötzlich auftretende Dauerschmerz im Rücken der ‘‘Hexenschuss‘‘. ‘‘Sie ist eine richtige Hexe‘‘ wird auch heute noch gerne gegen böse Frauen zum Ausdruck gebracht.  

Die Sackstraße ''Am Galgenberg'' in Hilchenbach erinnert noch heute an das brutale geschehen. Denn hier hat vermutlich die Verurteilung der Hexen stattgefunden

 

 

 

 

1653 war ein Höhepunkt der Hexenverfolgung in Nassau-Siegen. So wurden alleine in Hilchenbach vom 1. März bis 19. Juli 1653 unter dem Schultheiß Theobald Stalp 14 Frauen und 4 Männer durch den Feuertod bzw. durch Decollation (Enthaupten) verurteilt. Die Verurteilten kamen nicht aus Hilchenbach, sondern aus den Orten Kredenbach, Niederndorf, Plittershagen, Krombach, Freudenberg, Geisweid und Oberfischbach. Hiervon kamen sieben Personen aus Plittershagen. Ort dieser Hinrichtungen muss vermutlich der Galgenberg in Hilchenbach gewesen sein. Da Hilchenbach Gerichtsitz war, sind von 1520 noch drei hingerichtete Frauen aktenkundig. Sie kamen aus den Orten Haarhausen, Oechelhausen und Grund und sollen auf der Richtstätte auf dem Ginsberg verbrannt worden sein. Den Verurteilten in Hilchenbach wurde  ein oder mehrere  aufgelistete Tatbestände vorgeworfen: Zauberei, Abgötterei, Hurerei, Sodomie, Ehebruch, Zauberische Errötung, Segnerei und Missbrauch des Namen Gottes.  

Der Jesuit Friedrich Spee wurde als Kritiker der Hexenprozesse berühmt. Im Erzbistum Köln wurde er als heiligmäßige Person geführt. Es ist nicht sicher, ob er als Beichtvater die angeblich angeklagten Hexen betreute oder sie zum Scheiterhaufen führte. Da er viele Hexenprozesse beigewohnt hatte, gab er als Erster gegen die damalige Rechtsauffassung, zu bedenken, dass Folter nicht der Wahrheitsfindung diente. In dem lateinischen Buch Cautio Criminalis sprach sich Spee gegen die Hexenverfolgung aus. Die erste Auflage wurde 1631 heimlich gedruckt und erschien zunächst nur anonym. Diese angeblich so gefährliche Schrift  konnte nicht verheimlicht werden und somit drohte ihm die

Friedrich Spee (1591-1631) - Der Bekämpfer des Hexenwahns

Entlassung aus dem Orden. Friedrich Spee trug damit entscheidend für das Ende des Hexenwahns in Deutschland bei.

Der Rat der Stadt Hilchenbach hatte am 25. Mai 2011 die sozialethische Rehabilitation der unschuldig verurteilten und hingerichteten Personen in den Hexenprozessen im Beisein eines Vertreters der Evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Hilchenbach beschlossen. Damit wurde zumindest symbolisch ein Zeichen gesetzt, indem die Opfer von damals endlich als unschuldig galten. Der Rat der Stadt Hilchenbach hatte die Ehre der Hingerichteten wieder hergestellt und damit ein Signal gesetzt, welches in die Zukunft zeigt – gegen Ausgrenzung aber für Solidarität und Toleranz.

 

 

 

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