Oechelhäuser

Wilhelm Oechelhäuser war Mitglied des Deutschen Reichstages

Wilhelm Oechelhäuser, einer der bedeutendsten Männer unseres Siegerlandes, wurde am 26. August 1820 in Siegen geboren. Er hatte einen klugen Sinn sowie einen festen Willen und war sehr fleißig. Mit solchen Eigenschaften und vom Glück begünstigt erklomm er Stufe für Stufe die irdische Ehrenleiter. Seinem Verstand ist es zu verdanken, dass er neben der eigentlichen Schaffenskraft in der Industrie, die Volkswirtschaft, die Politik sowie die Literatur mit Erfolg bearbeiten konnte. Die Familie stammte aus Oechelhausen im Siegerland. Der Familienname Oechelhausen, der Vorname war Heinrich und er war Schöffe in Netphen, tauchte erstmals1570 auf.

Der noch junge Wilhelm Oechelhäuser (Bild vom Shakespeare Album)

Bereits mit 14 Jahren verließ er die Schule und ging als Lehrling in die Papier- und Maschinenfabrik seines Vaters. Er wollte rasch selbstständig werden denn seine Familie war groß. Sein Vater Johannes Öechelhäuser hatte 14 Kinder aus zwei Ehen. Er hatte sich große Fachkenntnisse in seiner väterlichen Fabrik erworben. Diese Kenntnisse ergänzte er in dem einjährigen, freiwilligen Militärdienst in der Uni Königsberg. Auch reiste er viel umher und sein Wissen wurde reicher. So bekam er schon als Vierundzwanzigjähriger 1844/45 vom preußischen Finanzministerium die ehrenvolle Aufgabe Frankreich und England zum Studium der dortigen Papierindustrie zu besuchen.

In der Wirtschaftskrise ging die Oechelhäuser Geschäftsgründung unter. Dies veranlasste ihn seine Heimat zu verlassen, um sich einen neuen Wirkungskreis zu suchen. Berlin, wohin er sich zunächst wandte und dann nach Österreich, erfüllten beide seine Hoffnungen nicht. Es zog ihn nun nach Frankfurt a. M., dem damaligen Zentralsitz des deutschen politischen Lebens. Durch eine wunderbare Empfehlung an den Reichsminister des Handels wurde er 1848 zum Reichsminister-Assessor ernannt. Oechelhäuser benutzte seine Freiheit sich in der Volkswirtschaftslehre und der Handelspolitik zu bilden. Im Sommer 1849 besuchte er im Auftrage des Reichsministeriums die Ausstellung in Paris.

Wilhelm Oechelhäuser um 1890 (Quelle: Jahrbuch der Stadt Mülheim)

1850 im Januar schickte ihn die preußische Regierung in die Schweiz. Mit Geschick legte er das Gesamtergebnis seiner Beobachtungen in drei Denkschriften nieder. Im November 1850 brach der Krieg zwischen Preußen und Österreich aus, welcher in der Ölmütz für Preußen ein schreckliches Ende fand. Oechelhäuser ging als Landwehroffizier in die Armee. Er erhielt aber sehr schnell seine Dienstentlassung.

Mitglied der Zollvereinskommission wurde Oechelhäuser 1851 bei der ersten Londoner Weltausstellung. Zum Bürgermeister von Mühlheim an der Ruhr wurde er 1852 gewählt. Es konnte seine Lebensstellung werden aber nach 4,5 Jahren gab er den Posten auf. Er hatte sich in Mühlheim große Verdienste erworben, besonders um das Beleuchtungswesen, was schnell überall großes Interesse fand. Der damalige erste Direktor der deutschen Continental-Gas-Gesellschaft hatte Oechelhäuser als eine hervorragende Persönlichkeit kennengelernt. Er bot ihm als 3. Direktor die Stelle in der Gasgesellschaft an, die er im

750/1000 WPS-Junkers-Maschine M 15, direkt umsteuerbar. Gebaut von der Maschinenbau AG, vorm. Gebr. Klein, Dahlbruch (Foto: Archiv B. Junkers)

August 1856 annahm.

Am 1. Januar 1857 wurde er zum alleinigen Direktor der Gesellschaft gewählt. Im März 1858 wurde er zum Generaldirektor bestellt und in dieser Position blieb er bis zum Dezember 1889. Was er in dieser Zeit für die Dessauer Gasgesellschaft geleistet hatte ist bemerkenswert. Bereits 1888 begann man auch Gasmotore zu entwickeln. Für diesen Zweck holte man Hugo Jungers in das Konstruktionsbüro. Er hatte der Gesellschaft in technischer und administrativer Hinsicht zur allgemeinen Bedeutung verholfen. Nach den ersten mühevollen Jahren kamen auch ruhigere Jahre. Diese Zeit nutzte der Nimmermüde um seine persönlichen Neigungen mehr als bisher zu folgen.

Oechelhäuser widmete sich nun seiner

Der Dreizylinder- Gegenkolbenmotor von Achates soll bei einem Hubraum von 2,7 Litern eine Leistung von “knapp 200 kW” abgeben können. Der Kraftstoffverbrauch soll bei 6,4 Litern liegen (Quelle: VDI-N, Foto: Achates)

Lieblingslektüre Shakespeare. Sein Besuch in England 1844/45, seine englische Sprache sowie seine künstlerische Neigung haben die Begeisterung für den Engländer noch begünstigt. Zum 300. Geburtstag von Shakespeare gründete er mit großer Unterstützung von seinen Freunden Dingelstedt, R. v. Gottschall, A. v. Brockhaus, H. Markgraf und weitere die Shakespeare-Gesellschaft. Zwölf Jahre war er Präsident dieser Gesellschaft. Ein Lieblingswunsch seiner letzten Lebensjahre war der Bau eines Shakespeardenkmals in Weimar. Leider konnte er die Enthüllung dieses Denkmales, im Jahre 1904, nicht mehr erleben.  

Mit gleichem Eifer ging Oechelhäuser auch in die Politik. Ab 1878 war er Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses für die Kreise Mühlheim (Ruhr) und Rees gewesen. Er schloss sich als Parlamentarier der nationalliberalen Partei an und blieb ihr bis zu seinem Lebensende treu. Sein Reichtagsmandat behielt er ununterbrochen bis zum Jahre 1893. In dieser Zeit hatte er

8. Juli 1892: Patentanmeldung des Junkers-Oechelhaeuser- (jun.) Gegenkolbenmotors

einflussreiche Tätigkeiten in das deutsche Parlament einfließen lassen. Besonders sind zu erwähnen seine rastlosen Bemühungen auf dem sozialpolitischen Gebiet, die eine Durchführung der Kaiserlichen Botschaft vom 4. Februar 1890 erreichten. Als Mahner des Großbürgertums sowie der Großindustrie hatte er dazu beigetragen, dass Arbeiterausschüsse und Hilfskassen gebildet worden sind, die in ganz Deutschland und darüber hinaus Anklang fanden. Die Reform des Aktienrechts und das neue GmbH Gesetz gingen auf seine Initiative zurück.

Oechelhäuser war Mitschöpfer und Mitglied der Deutsch-Afrikanischen Gesellschaft, sowie Mitglied einiger Plantagengesellschaften. Eine Plantage legte er in Kamerun an. Große Bemühungen auf dem Kolonialen Gebiet war die Schaffung einer ostafrikanischen Zentraleisenbahn. Nach langen Kämpfen im Reichstag wurde die erste Stecke im Jahre 1904 genehmigt.

Es ist nicht verwunderlich, dass so ein Mann der mit wunderbaren Geistesgaben ausgestattet war und sein Wissen und

Zwei Stelen der ehemaligen Grabanlage von Wilhelm Oechelhäuser in Dessau (Quelle: Eigenes Erzeugnis, Urheber M_H. DE

Können meist noch mit Erfolg fast überall durchsetzte mit Ehrungen überhäuft wurde. Zum geheimen Kommerzienrat wurde er 1874 ernannt. Von der Stadt Dessau bekam er 1881 die Ehrenbürgerrechte. 1883 erhielt er vom Herzog von Anhalt den erblichen Adel, den er für seine beiden Söhne annahm, er für seine Person verzichtete aber darauf. Von der Uni Erlangen wurde er 1893 zum Ehrendoktor ernannt. Aber auch viele hohe Orden erhielt Wilhelm Oechelhäuser. 

Wilhelm Oechelhäuser war, wie sein Vater und Bruder, ein aktiver Freimaurer. Er bekleidete das Amt des Meister vom Stuhl in der Dessauer Loge Esiko zum aufgehenden Licht. Viele berühmte Männer

Wilhelm Oechelhäusers Ruhestätte auf dem Neuen Begräbnisplatz in Dessau (Quelle: M_H.DE - Eigenes Werk)

waren Freimaurer, z. B. Herder, Goethe, Fichte, Mozart, Haydn. Auch viele Fürsten und Staatsmänner gehörten dazu.

“Geradeaus das ist Westfalenbrauch”, diesen Heimatspruch aus dem Westfalenlied hatte Oechelhäuser zur Richtschnur seines Lebens gemacht. Stets hatte er sich zu seiner Heimat dem Siegerlande bekannt und besuchte es so oft wie möglich. Sein arbeits- und erfolgreiches Leben endete am 25. September 1902 an den Folgen einer Lungenentzündung in seiner Villa Belmonte zu Niederwalluf im Rheingau. Seine Ehefrau Emma, geb. Reinbach, war ihm bereits am 4. April 1876 im Tode vorangegangen.

 

 

Literaturnachweis:
Eugen Lennhoff u. A.: Internationales Freimauerlexikon
Wilhelm Klebe: Wilhelm Oechelhäuser
Justus Wilhelm von Ochelhäuser: Verbindung von Gas- und Elektrizitätswirtschaft
Shakespeare Album: Wilhelm Oechelhäuser
Wikipedia: Wilhelm Oechelhäuser
F. A. Brockhaus: Der Volksbrockhaus

 

 

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