Hex.verbrennung

Die Hexenverbrennungen in Hilchenbach

Im September 2009 geht die Niederländerin Anna Chaplin Opstelten aus Maastricht mit einem Blumenstrauß auf den Galgenberg in Hilchenbach. Eine Anwohnerin zeigt ihr den Platz, wo einst die Richtstätte gewesen sein könnte, wo angebliche Hexen verbrannt wurden. „Ich wollte allein sein, als ich die Blumen hinlegte", berichtete Anna Chaplin Opstelten von ihrem Besuch. Dort, so stellte sie sich vor, ist Engen Harbach, am 28. Juni 1653 gestorben. Heute würde sie wohl Ännchen genannt. „Zum Feuertod verdammt und als Hexe verbrannt“. Hier endete die

Hexenverbrennung - Quelle: planet-wissen.de

Suche von Anna Chaplin Opstelten nach ihrer Vorfahrin. „Das ist lange her – zwölf Generationen einschließlich der eigenen, rechnet Anna Chaplin Opstelten vor. Und doch gab dieses, dass hier eine Vorfahrin von mir unschuldig bei lebendigem Leibe verbrannt worden war, einem einen gewaltigen Schock", sagte sie.

Der Scharfrichter war mit seinen Knechten zum Hexenbrennen Ende Februar 1653 nach Hilchenbach gezogen und sie ließen sich in einem Gasthaus nieder. Der rothaarige Kerl, der Scharfrichter rief dem Jost zu, „Komm setz dich zu uns, wir wollen einen trinken." Jost ging zu ihnen, denn wenn dieser einen Schoppen bekommen konnte nahm er ihn.

“Jost was hast du eigentlich vom Scharfrichter erfahren?" fragte der Wirt einige Tage später. „Wenn der Scharfrichter dem Beklagten seine Instrumente zeigte oder bis zum Angriff verfährt kostete es einen Gulden. Vom ersten Grad der Folter bis zum Angriff des zweiten (Daumenschraube) gleich einen Gulden und 15 Alb. Vom zweiten Grad bis zum Angriff des dritten gleich spanischer Stiefel oder Beinschraube zwei Gulden" „Halt das Maul" fuhr der Wirt ihn an. „Es ist genug, dass ich den roten Halunken dort am Tisch bewirten musste. Seitdem setzte sich keiner mehr an diesen Platz. Den ganzen Sommer über hatte man

Die Ginsburg in Hilchenbach, wo auch Hexenverbrennungen stattgefunden haben - Bild: Stadt Hilchenbach

keine andere Unterhaltung gehört als vom Hexenbrennen." Es waren auch Knechte der Loher Blashütte in der Gaststätte die den ärgerlichen Wirt verwundert anschauten. Dann begann das Hexenverbrennen im Kölschen. Als der stinkende Rauch mit dem Wind ins Siegerland wehte, wurden auch bei uns die Menschen unruhig. 

Da kam ein Reiter mit Lederkoller und Eisenhut ins Schenkzimmer. Er wollte schnell einen Trink und die Sonne schien erbarmungslos auf die armen Hexen. „Sollen sie doch brennen“, riefen die Knechte vom Tisch. „Nein ich bringe eine Botschaft nach Siegen. Acht der armen Sünder hatten nach geringer Folter freiwillig ohne Zwang bekannt, dass sie des Bundes mit dem Teufel schuldig waren und höllische Künste getrieben hätten. Aus diesem Grunde hatte das Gericht ein mildes Urteil für diese gesprochen. Sie sollten enthauptet werden und dann zur Erde bestattet."

Einen Höhepunkt in der Hexenverfolgung erlebte Nassau-Siegen im Jahr 1653. Die Angabe über die angeklagten bzw. hingerichteten Personen variiert in den einschlägigen Literaturangaben, manche Quellen sprachen

Mit der Daumenschraube zwang man sie zum Geständnis - Bild: welt.de

von 23 Personen, andere von 18 Personen, die an dieser Stelle genannt werden sollten. Verurteilt wurden im Jahr 1653 zu Hilchenbach nachfolgende Personen, die Anklage lautete auf eines, oder mehrerer nachstehender Tatbestände: Abgötterei, Zauberei, Sodomie, Ehebruch, Hurerei, Blutschande, zauberische Errötung, Segnerei, Mißbrauch des Namens Gottes.

Als der Reiter wieder davon trabte sprach Jost: „Ich konnte schon sehr viel vertragen und aushalten, das wusstet ihr doch alle. Aber mir war es eiskalt den Buckel heruntergelaufen als am 1. März 1653 die Guckgucksche aus Kredenbach im Feuer schrie. Es war grauenhaft, der ganze Galgenberg war voller Menschen und der Himmel war schwarz vom Qualm." Die Guckgucksche, die Witwe Barbara Stoever, war als erste in diesem Jahr verurteilt worden. Danach kam Johann Langenbach, der alte Schmelzer aus Niederndorf dran, auch verurteilt zu Tode mit Feuer. Am 20. Mai desselben Jahres wurden Margaretha Irle aus Kredenbach und Elsbeth Hansel aus Krombach verurteilt zum

Ein Diener bereitet die Folter vor - Gemälde von Ferdinand Piloty

Tod mit dem Feuer.

Der Wirt war froh, dass er noch einen anderen Gast sah und zwar den Hüttenmeister. Sie schüttelten sich die Hände. Der Wirt sagte: „Ich will den Knecht in die vordere Stube rufen, damit ich ein Glas mit euch trinken kann. Das Gerede über das Hexenverbrennen ist mir langsam zu wieder“. Als sie dann über dieses und jenes gesprochen hatten, fing der Hüttenmeister auch an: „Es lagen in Hilchenbach wieder sechs Menschen aus dem Freudenberger Land auf faulem Stroh. Es kam in dieser Gegend wie Seuche über die Menschen.

Ihr wusstet doch, dass der alte Bürgermeister von Freudenberg den sie auch in Hilchenbach verbrannt hatten mein Onkel war. Nachdem er von seinem Amte zurückgetreten war, galt seinem Garten die ganze Liebe. In ihm waren gepflegte Bäume und ganz wunderschöne Blumen wie sonst nirgends. Man kann es nicht glauben, wenn einer so die Blumen liebte sich auch mit dem Teufel abgab? Aber hinter einer Hecke da wohnte sein Gegner, der schielende Schuster Theis. Er war ein Teufelsbraten und hatte ihn auf dem Gewissen. Ein Schusterjunge hielt es bei ihm nicht aus und war fortgelaufen“.

Die Formenschmidtsche machte ihre

Hexenverbrennung im Mittelalter von Josef Bordat

Bettelzüge nicht nur durch Freudenberg, sondern bis ins Sauerland. Man gab ihr Almosen, um ihr Hexengesicht nicht länger sehen zu müssen. Nur der schielende Theis kam mit ihr aus. Die Formenschmidtsche war eines Tages wieder in der Werkstatt. Sie sagte: „Theis schaue dir doch mal den Birnbaum am Hause des Bürgermeisters an. Er blühte noch Ende August. Das ging doch nicht mit rechten Dingen zu“. „Was meinst du wer dem Bürgermeister morgens seine Wecken holte?“ „Die Magd war die Antwort“. „Nein, sein schwarzer Pudel holte die Wecken im Körbchen. Wenn das kein Teufelstier war meinte Theis. Auch mit dem Vieh wusste der Bürgermeister umzugehen. Da hatte ich mich im Sommer im Euelsbruch festgefahren. Da hatte ich wie wild auf die Kühe gehauen aber es nützte nichts die Karre ging nicht vorwärts. Da kam der Bürgermeister vorbei und nahm mir die Peitsche aus der Hand. Er klopfte die Kühe auf den Hals sagte ihnen etwas ins Ohr und der Wagen kam raus“. „Theis da stimmte was nicht so war ich die Formenschmidtsche bin“. Da sahen sie einen Lehrjungen in der Ecke sitzen der Mund und Nase aufsperrte. „Raus mit dir schrie der Meister“ und schwang den Knieriemen.

Der Bürgermeister hatte die ganze Folter über sich ergehen lassen. Es war die Daumenschraube, der Spanische Stiefel und der gespickte Hase. Zuletzt hatten sie ihn mit glühenden Zangen gekniffen. Was

Hexenverbrennung im Mittelalter - der Arnsberger Hexenrichter lebte zeitweise in Stemel - Foto: Veranstalter Stemel

aber half ihm sein standhaftes Leugnen nichts. Die Formenschmidtsche hatte ihn ja auf dem Blocksberg auf einen Besen reiten sehen und ihr wurde geglaubt.

Auch wurde die alte Haushälterin vernommen. War es so, dass der Teufel dem Bürgermeister nachts hart zugesetzt hätte, dass er jämmerlich stöhnte. Ja, er hatte mitunter schlimme Nächte gehabt, so dass er ganz jämmerlich gestöhnt hätte. Dann hätte er zum Erbarmen gekeucht und wäre ins offene Fenster gegangen. Der arme Mann hatte schon seit langem Luftbeschwerden.

Am 21. Juni wurden noch Bernhard Müller, der Bürgermeister sowie Elsbeth Luther, beide aus Freudenberg verurteilt. Aber auch Gertrud Flender aus Geisweid sowie Margarete Waffenschmidt aus Plittershagen. Bei allen hieß das Urteil Tod durch verbrennen. Die letzte Frau an diesem Tag war die Formenschmidtsche die von einer Kölschen Hexe mitschuldig gemacht wurde. Schon als sie die Daumenschraube spürte, bekannte sie unter jämmerlichem Geschrei und Wimmern die fürchterlichsten Schandtaten.

Am 28.6.1653 wurde Engen Harbach, die Witwe von Jakob Steinseifer aus Plittershagen, genannt Steinseifersche oder Klöncksche, zum Feuertod verdammt. Es war die Vorfahrin von der Niederländerin Anna Chaplin Opstelten aus Maastrich. Aber auch Albert Müller aus Krombach erhielt dasselbe Urteil

Hexenwahn - Datei von Axel Gundrum 1998

an diesem Tag.

Weiter wurden am 16. und 19. Juli 1653 noch 8 Urteile in Hilchenbach gefällt. Es waren sieben Frauen und eine männliche Person. Sie bekamen alle ein mildes Urteil und zwar decollirt und zur Erde bestattet. „Vetter“ sagte der Hüttenmeister, „mir scheint das letzte Hexenfeuer ist im Siegerland noch nicht angezündet!“

Der Rat der Stadt Hilchenbach hatte am 25. Mai 2011 die sozialethische Rehabilitation der unschuldig verurteilten und hingerichteten Personen in den Hexenprozessen im Beisein eines Vertreters der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Hilchenbach beschlossen. Damit wurde zumindest symbolisch ein Zeichen gesetzt, indem die Opfer von damals endlich als unschuldig galten. Der Rat der Stadt Hilchenbach hatte die Ehre der Hingerichteten wiederhergestellt und damit ein Signal gesetzt, welches in die Zukunft zeigt – gegen Ausgrenzung aber für Solidarität und Toleranz.

 

 

Literaturnachweis:
Stadt Hilchenbach: Geschichte
Westfalenpost: Spurensuche endete auf dem Galgenberg
Hermann Freudenberg: Der Hexen Feuertod in Hilchenbach
Anton-Praetorius: Namensliste Hexenprozesse

 

 

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