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Als noch die Radfahrkarte benötigt wurde
Zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts musste jeder Radfahrer eine Radfahrkarte bei sich haben. Sie musste auf den Namen des Fahrers ausgestellt sein, eigenhändig unterschrieben und von der Behörde des Wohnorts ausgestellt sein. Die Gültigkeitsdauer betrug nur ein Jahr. Es war somit ein sogenannter Führerschein für Fahrräder, der jedes Jahr neu beantragt werden musste. Der Schein hatte eine laufende Nummer, aber auch Wohnort und Beruf des Eigentümers waren angegeben. Bei der Personenbeschreibung auf der Karte wurde weiterhin nach Alter, Statur, Haare und besonderen Kennzeichen
Verzeichnis der ersten ausgestellten Radfahrkarten in der Stadt Hilchenbach
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gefragt. Für Personen unter 14 Jahren erfolgte die Ausstellung auf Antrag des Vaters, Vormundes oder sonstigen Gewalthabers.
Die Vorschriften, die im vorhergehenden Absatz erwähnt wurden, fanden auf Militärpersonen in Uniform, Reichs-, Staats- und Gemeindebeamte, die Amtskleidung trugen, keine Anwendung, sofern diese das Fahrrad zu dienstlichen Zecken benutzten.
Man lächelt heute über China, wo die vielen Fahrräder, die dieses riesige Land hat, steuerpflichtig sind. Die Ausstellung der Radfahrkarte war in Preußen seinerzeit gebührenpflichtig. Somit gab es auch bei uns vor gut einhundert Jahren eine jährliche, indirekte Fahrradsteuer.
Der Verkehr mit Fahrrädern auf öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen war in der Polizeiverordnung geregelt. Jedes Fahrrad musste danach mit einer sicher wirkenden Hemmvorrichtung und einer helltönenden
Quittung über eine ausgestellte Radfahrkarte aus dem Jahr 1901
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Glocke versehen sein. Während der Dunkelheit sowie bei starkem Nebel war das Fahrrad mit einer hellbrennenden Laterne zu versehen. Ihr Licht musste nach vorne fallen und ihre Gläser dürften nicht farbig sein.
Ein besonderes Gaudi aus heutiger Sicht war der Aufstieg auf solch einen Drahtesel, den man bei den älteren Herren noch bis in die fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts sah. Da es damals noch keinen Freilauf gab, war das Hinterrad mit ca. 6 cm langen Hutmuttern befestigt, die zur Anfahrt benötigt wurden. Auf die somit verlängerte Hinterachse wurde der linke Fuß gestellt und mit dem rechten Bein tüchtig angetreten. Hatte man genug Geschwindigkeit erreicht, streckte man das linke Kniegelenk, setzte sich auf den Sattel und trat in die Pedalen.
Die elektrische Beleuchtung, durch den von einem Laufrad angetriebenen Dynamo, kam erst um 1920 auf. Das Fahrrad war zur damaligen Zeit schon ein begehrtes Fortbewegungsmittel. Denn die Vorwärtsbewegung in der Ebene erforderte geringere Muskelkraft als das Gehen und die Geschwindigkeit war gut dreimal so groß. Die Ausnutzung von Gefällen kam erst um 1904 richtig zum Tragen. Zu dieser Zeit erfand Ernst Sachs die Freilaufnabe und entwickelte später hierzu die Rücktrittbremse.
In der Verordnung hieß es weiter, der Radfahrer hat entgegenkommende, zu überholende, in der Fahrtrichtung stehende oder in Fahrtrichtung kreuzende Menschen,
Radfahrkarte aus dem Jahr 1907
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insbesondere auch die Führer von Vieh usw. durch ein deutlich hörbares Glockenzeichen rechtzeitig auf das Nahen des Fahrrades aufmerksam zu machen. Mit dem Glockenzeichen war sofort aufzuhören, wenn Pferde oder andere Tiere dadurch unruhig bzw. scheu werden.
Hatte der Vorbeifahrende Menschen oder Tiere in Gefahr gebracht, war langsam zu fahren oder wenn erforderlich sofort abzusteigen. Völlig freien Raum hatte der Radfahrer zu geben bei geschlossen marschierenden Truppenabteilungen, den Fuhrwerken der kaiserlichen Post, königlichen und Prinzlichen Equipagen (Kutschen) sowie den Fuhrwerken zur Reinigung öffentlicher Straßen.
Das Vorbeifahren an eingeholten Fuhrwerken, Kraftfahrzeugen, Reitern, Fußgänger, Viehtransporten oder dergleichen hatte auf der linken Seite zu erfolgen. Die Fahrgeschwindigkeit war jederzeit so einzurichten, dass Unfälle und Verkehrsstörungen vermieden wurden. Innerhalb geschlossener Ortsteile durfte nur mit mäßiger Geschwindigkeit gefahren werden. Das Einbiegen in eine andere Straße hatte nach rechts in kurzer Wendung, nach links im weiten Bogen zu geschehen. Das Wettfahren und die Veranstaltung von Wettfahrten auf öffentlichen Wegen und Plätzen waren verboten. Ausnahmen bedürften der Genehmigung der zuständigen Polizeibehörde.
Das zu überholende Fuhrwerk hatte auf das Glockenzeichen soviel Platz frei zu lassen, dass der Radfahrer auf der Fahrstraße ohne Gefahr vorbei fahren konnte. Verboten war das Überholen an Ecken und Kreuzungspunkten, auf schmalen Brücke, in Toren und überall da wo die Fahrbahn durch Fuhrwerke verengt war. In all diesen Fällen sowie bei jedem Bergabfahren war es verboten, beide Hände gleichzeitig von der Lenkstange oder die Füße von den Pedalen zu nehmen. Die Anzahl der Autos war zu Beginn des 20. Jahrhunderts so gering, dass sie in der Polizeiverordnung für den Verkehr kaum erwähnt
Angebot des Bertelsmann-Verlags über den Druck der neuen Radfahrkarten aus dem Jahr 1908 sowie als Anlage eine Muster-Radfahrkarte
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wurde.
Auf den Halteruf eines Exekutivbeamten war jeder Radfahrer verpflichtet, sofort anzuhalten und abzusteigen. Zur Kenntlichmachung eines Polizeibeamten war das Tragen einer Dienstmütze ausreichend. Übertretungen dieser Verordnung und die darin enthaltenen Anordnungen der Wegepolizeibehörden wurden mit Geldstrafen bis zu 60 Mark, im Unvermögensfalle mit entsprechender Haft bestraft, soweit nicht nach dem allgemeinen Strafgesetzbuch eine härtere Strafe eintrat.
Die jährliche Beantragung einer Radfahrkarte begann 1901, wo in der alten Stadt Hilchenbach 154 Karten ausgestellt worden sind. Diese strenge Regelung ging bis zum Jahre 1908, wobei nach Unterlagen des Hilchenbacher Stadtarchivs die Anzahl der Ausstellungen sank. So wurden Anno 1908 nur noch 36 Fahrkarten ausgestellt. Am ersten August 1908 traten nämlich durch eine Verfügung des Innenministers neue Vorschriften für den Radfahrverkehr, nach Beschluss des Bundesrates, für das gesamte Gebiet des deutschen Reiches einheitlich in Kraft. Die Radfahrkarten wurden ab diesem Zeitpunkt von der Polizeibehörde ausgestellt und eine beschränkte Gültigkeit wie vorher war nicht mehr zulässig. In der Verfügung hieß es weiter: ,,Von der Festsetzung einheitlicher Gebühren für die Ausstellung der Radfahrkarten sehen wir ab. Nur die Selbstkosten sind abzudecken, der Betrag darf über 50 Pfennig nicht hinausgehen. ‘‘
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